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Wahre Schatzkisten des Glaubens

Pastorin Julia Koll wechselt zur EKD, um am neuen evangelischen Gesangbuch mitzuarbeiten. 2027 soll es erscheinen.

Pastorin Julia Koll wechselt zur EKD, um am neuen Gesangbuch mitzuarbeiten. Sie hat eine gute Vorstellung davon, welche Lieder dort hineingehören
Pastorin Julia Koll wechselt zur EKD, um am neuen Gesangbuch mitzuarbeiten. Sie hat eine gute Vorstellung davon, welche Lieder dort hineingehörenpriva

Niedersachsen. Liedertexte statt Bibelverse, Gesangbuch statt Gottesdienst: Pastorin Julia Koll verlässt den Kirchenkreis Uelzen und wechselt ins Kirchenamt der EKD nach Hannover. Welche Lieder sprechen die Menschen heute an? Welche Songs sind im Gottesdienst unverzichtbar? Das sind Fragen, mit denen sich die promovierte Theologin künftig als Oberkirchenrätin im Projektbüro Neues Gesangbuch beschäftigt.

Verabschiedung im Rahmen eines Open-Air-Gottesdienstes

Julia Koll war seit Mai 2019 gemeinsam mit Pastor Tobias Heyden im Teampfarramt in den Kirchengemeinden Altenmedingen, Bienenbüttel und Wichmannsburg tätig – ein Novum für die zuvor nur lose miteinander kooperierenden Gemeinden. Zuvor war sie als Pastorin in der Kirchengemeinde St. Marien in Uelzen-Veerßen (2009-2012) und Studienleiterin an der Evangelischen Akademie Loccum (2014-2019) tätig. Die Verabschiedung der Pastorin soll im Rahmen eines Open-Air-Gottesdienstes am Sonntag, 4. September, um 17 Uhr auf der Kirchwiese in Wichmannsburg stattfinden.

„Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, resümiert Julia Koll. „Gern wäre ich noch eine Weile in den Drei-Ritter-Kirchengemeinden Altenmedingen, Bienenbüttel und Wichmannsburg geblieben.“ Doch der Wechsel nach Hannover biete nicht nur eine „spannende neue Aufgabe“, sondern habe auch private Vorteile: Ihr Mann Florian Moitje ist seit einem Jahr als Theologischer Vorstand in der Diakonie Himmelsthür tätig, nun ergibt sich die Möglichkeit, auch während der Woche wieder zusammenzuwohnen.

Positive Erinnerung an drei Jahre Bienenbüttel

Für die drei Jahre in Bienenbüttel zieht sie eine positive Bilanz. „Ich habe mich hier sehr wohlgefühlt und viel auf den Weg gebracht, es war eine intensive und gute Zeit“, sagt Julia Koll. „Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie war sie geprägt von Experimenten und der Suche nach neuen, zukunftsfähigen Formaten für Kirche vor Ort.“

Die Zusammenarbeit der drei Gemeinden zu stärken, stand dabei im Mittelpunkt. Dazu wurden neue Gottesdienstformate entwickelt – die Pastorin war auch für das Projekt Gottesdienstentwicklung im Kirchenkreis Uelzen tätig –, ein gemeinsamer Gottesdienstplan und ein neuer Gemeindebrief entworfen. Julia Koll denkt aber auch gern an kirchenmusikalische Highlights wie das Michaelis-Orgelfest oder musikalische Gottesdienste zurück.

Kirchenmusik ist Herzenssache

Kirchenmusik lag der Theologin schon immer am Herzen. „Ich bin mit viel Kirchenmusik aufgewachsen, auf der Orgelbank, an der Trompete, in Vokalchören.“ Und auch für ihre Habilitation hat sie zu Religion, Musik und Gruppe am Beispiel der Posaunenchöre geforscht. Für sie gibt es keinen Zweifel: „Kirchenmusik ist eines der wichtigsten Handlungsfelder, wenn es um die Zukunft der Kirche geht. Nun hat sich die Möglichkeit ergeben, mich in den nächsten Jahren ganz darauf zu konzentrieren.“ Die Pastorin freut sich auf ihre neue Aufgabe. Gemeinsam mit Susanne Hasselhoff, mit der sie sich die Stelle teilt, koordiniert und begleitet sie zukünftig die Arbeit der Gesangbuchkommission und der Steuerungsgruppe. Ganz neu ist die Arbeit für Koll nicht: Sie ist bereits seit gut zwei Jahren Mitglied der EKD-Steuerungsgruppe Neues Gesangbuch. Die Neuauflage des neuen Evangelischen Gesangbuches soll 2027 erscheinen und das bisherige Buch, das seit den 1990er-Jahren in Gebrauch ist, ablösen.

Die große Frage: Wie sieht ein Gesangbuch auf der Höhe der Zeit aus? „Eine erste Antwort darauf: Es darf nicht nur ein Buch sein, sondern braucht auch ein digitales Pendant. Für beide Gestalten ist mir wichtig, dass sie das Singen fördern und die Liebe zum christlichen Glauben wecken und vertiefen“, sagt sie. Der evangelische Glaube war von Anfang an immer eng mit Liedern verbunden. „Gesangbücher sind wahre Schatzkisten des Glaubens. Sie pflegen Traditionen, aber sind auch Spiegel ihrer Zeit. Deshalb hat es sich bewährt, alle 30, 40 Jahre ein neues Gesangbuch herauszubringen“, so Koll.

Und so wie sich Moden und Geschmäcker verändern, muss sich eben auch das Gesangbuch verändern –  ohne bei der Auswahl auf Liebgewonnenes zu verzichten. „Klar ist: In das neue Gesangbuch gehören die ,Leib- und Magenlieder‘ von gestern und heute – von ,Befiehl du deine Wege‘ bis zu ,Geh aus mein Herz‘, von ,Von guten Mächten‘ bis zu ,Da wohnt ein Sehnen tief in uns‘“, betont Julia Koll. „Aber es sollten auch ein paar neue Songs hinein, die als Wegzehrung für morgen taugen.“ Für verzichtbar hält die Theologin dagegen liederkundliche Texte, die sich vorrangig an Experten richten und die auf einer nutzerfreundlichen Homepage oder aber in einer Extra-Liederkunde viel besser aufgehoben wären.