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Gericht: WDR muss Wagenknecht-Partei in Wahlsendung einladen

Das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen hat entschieden: Der WDR muss den Spitzenkandidaten für die Europawahl der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) zur „Wahlarena“ einladen.

Fabio De Masi ist zusammen mit Thomas Geisel Spitzenkandidat des Bündnisses Sahra Wagenknecht bei der Europawahl 2024
Fabio De Masi ist zusammen mit Thomas Geisel Spitzenkandidat des Bündnisses Sahra Wagenknecht bei der Europawahl 2024Imago / Future Image

Der WDR muss den Spitzenkandidaten für die Europawahl der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) doch zur ARD-Sendung „Wahlarena 2024 Europa“ am Freitag einladen. Diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen in Münster getroffen und damit einen anderen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln geändert.

Das OVG erklärte, die Partei könne wegen des allgemeinen verfassungsrechtlichen Gebots der abgestuften Chancengleichheit politischer Parteien die Teilnahme an der „Wahlarena 2024 Europa“ beanspruchen. Das dargelegte Sendungskonzept rechtfertigt die Nichtberücksichtigung der BSW nicht.

Kammer hatte auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit verwiesen

Die vom WDR verantwortete TV-Sendung ist den Angaben zufolge in Form eines sogenannten Townhall Meetings geplant, bei dem das Publikum den eingeladenen Politikerinnen und Politikern unter Begleitung der Moderatoren vorab eingereichte Fragen stellt. Das Konzept sehe bei den einzelnen Themen auch Rückblicke auf die ablaufende Wahlperiode vor. Eingeladen seien Vertreter von SPD, CDU, CSU, Grünen, FDP, AfD und den Linken, weil diese im aktuellen Europäischen Parlament mit relevanter Stärke vertreten seien.

Das Verwaltungsgericht Köln hatte zuvor einen Eilantrag der BSW gegen den WDR abgelehnt. Dabei hatte die Kammer auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit verwiesen. Das OVG betonte nun, der WDR könne zwar grundsätzlich seine grundrechtlich geschützten redaktionellen Freiheit nutzen und entscheiden, eine Wahlsendung dem Rückblick auf die vergangene Wahlperiode zu widmen und dementsprechend den Teilnehmerkreis auf Vertreter der Parteien zu begrenzen. Allerdings sei weder aufgrund der Erläuterungen des WDR noch sonst erkennbar, dass ein solcher Ansatz tatsächlich im Vordergrund der Sendung stehe. So lasse etwa das gewählte Format eines „Townhall Meetings“ hauptsächlich Fragen zur Zukunft erwarten.

Umfragewerte: BSW auf Stufe mit FDP und Die Linke

„Das verbleibende Kriterium des redaktionellen Konzepts, nur Parteien einzuladen, die ‘auch im Übrigen in Deutschland ein relevantes Gewicht’ haben, verlangt eine Teilnahme der Antragstellerin“, betonte das Gericht. Seit Februar 2024 bewege sich die BSW in einem „Umfragekorridor“ von vier bis sieben Prozent. Damit lasse sich mit Blick auf die Europawahl am Sonntag gegenwärtig nicht feststellen, dass die BSW gegenüber den eingeladenen Parteien FDP und Die Linke „einen derart großen Abstand aufweist, der ihren Ausschluss von der Sendung rechtfertigen könnte“, hieß es.

Eine Teilnahme eines Vertreters der Antragstellerin zwinge den WDR zudem nicht dazu, von seinem redaktionellen Sendungskonzept erheblich abzuweichen, erklärte das Gericht. Warum die Teilnahme eines achten Gastes die Umsetzung oder Attraktivität der 90-minütigen Sendung entgegenstehen sollte, sei nicht erkenntlich. Der BSW-Spitzenkandidat ist der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi.