Hetze, Klima der Angst und Selbstzensur: Der Gaza-Krieg belastet auch Medienschaffende in Deutschland. Reporter ohne Grenzen zeigt sich besorgt über die Lage.
Der Krieg in Gaza belastet nach Angaben der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen auch deutsche Medienschaffende. Diese seien vermehrt physischen und verbalen Angriffen ausgesetzt. Vor allem Reporterinnen und Reporter, die das Leid der Palästinenser zeigen oder die israelische Kriegsführung beleuchten wollen, aber auch Medienschaffende, die über jüdische Gemeinschaften in Deutschland berichten, erlebten ein angespanntes und feindseliges Arbeitsklima, erklärte die Organisation am Dienstag in Berlin.
“Vielen Journalistinnen und Journalisten, die sich trotz einer Vielzahl an Tabus und Ungewissheiten der Berichterstattung rund um Palästina-Themen widmen, ist eine spürbare Erschöpfung anzumerken”, erklärte Katharina Viktoria Weiß von Reporter ohne Grenzen. Zum einen werde ihrer Organisation Gewalt auf Nahost-Demonstrationen gemeldet, ausgehend von Protestierenden oder der Polizei. “Zum anderen klagen viele Medienschaffende über ein Klima der Angst und Selbstzensur in deutschen Medien.” Zudem berichten Journalisten von Hass und Hetze im Internet sowie Druck in den Redaktionen.
Damit werde nach Einschätzung der Journalistenorganisation der Krieg in Gaza und die Berichterstattung über die israelischen Operationen im Libanon auch zur Belastungsprobe für die Pressefreiheit in Deutschland. Eigene Recherchen zeigten, dass sich “Reibungen zwischen Medienhäusern und Medienmitarbeitenden in diesem Jahr vor allem rund um die Nahost-Berichterstattung auffallend häufen”, heißt es. Vor allem Journalistinnen und Journalisten mit Migrationshintergrund berichteten, dass die fehlende Diversität in deutschen Redaktionen dazu führe, dass eine ausgewogene Berichterstattung häufig nicht möglich sei. Außerdem führe die Angst, als “antisemitisch” abgestempelt zu werden, zu großer Unsicherheit in der Themenwahl.
Auch gewalttätige Übergriffe auf Medienvertreter bei Nahost-Demonstrationen haben nach Angaben der Medienschützer zugenommen. Zum einen griffen Demonstrierende Journalisten direkt bei ihrer Berichterstattung an, zum anderen würden diese teilweise auch von der Polizei bei ihrer Arbeit behindert.
Reporter ohne Grenzen sammelt und dokumentiert seit 2020 Übergriffe gegen Medienschaffende in Deutschland. Diese fließen in die jährliche Analyse “Nahaufnahme Deutschland” ein, die die Organisation zum internationalen Tag der Pressefreiheit im Mai zusammen mit ihrer Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. 2023/24 wurden 41 Übergriffe gemessen womit Deutschland Platz 10 von 180 Ländern belegt.