Der frühere Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), hat sich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht ausgesprochen. Die sicherheitspolitische Lage habe sich gegenüber 2011, als die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, fundamental verändert, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Allerdings müsste die neue Wehrpflicht auch für Frauen gelten, forderte Robbe. Schon heute betrage der Frauenanteil in der Bundeswehr rund 15 Prozent. „Sie arbeiten in allen Bereichen und haben bewiesen, dass sie vollwertige Soldatinnen sind.“
Robbe (70) war von 1994 bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages und anschließend bis Mai 2010 dessen Wehrbeauftragter. Derzeit ist er ehrenamtlicher Sprecher eines Beratungsgremiums beim Bundesverteidigungsministerium.
„Eine sofortige Rückkehr zur Wehrpflicht ist jedoch nicht realistisch“, räumte Robbe ein, der auch berufener Synodaler der Evangelisch-reformierten Kirche in Leer ist. Die notwendige Infrastruktur von den Kreiswehrersatzämtern über die Kasernen bis hin zu Ausbildungskräften und Ausrüstung fehle und müsste erst wieder aufgebaut werden. Eine weitere Hürde sei, dass das Grundgesetz eine Wehrpflicht nur für Männer vorsieht. Für eine Änderung wäre im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich, erläuterte Robbe. Darum halte er einen Stufenplan zum Aufbau eines neuen Wehrdienstes für sinnvoll.
Als ersten Schritt unterstütze er ausdrücklich die Idee von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der eine Auswahl-Wehrpflicht nach schwedischem Vorbild anstrebe. Dabei erhalten alle jungen Männer und Frauen einen Fragebogen zu ihrer Bereitschaft zum Dienst, erläuterte Robbe. Überdies sollen sie Auskunft über ihre körperliche Fitness geben. Für die Männer wäre die Beantwortung der Fragen verpflichtend, für die Frauen freiwillig. So könne Personal für die Bundeswehr, aber auch für viele andere gesellschaftlich wichtige Aufgaben gewonnen werden.
„Ich bin ein großer Anhänger einer Dienstpflicht“, sagte Robbe. Bei einer allgemeinen Dienstpflicht könnten sich die jungen Menschen für die Bundeswehr oder einen anderen Dienst in den Bereichen Umwelt, Soziales, Entwicklung oder Kultur entscheiden. Der Fantasie seien dabei keine Grenzen gesetzt. „Eine Dienstpflicht ist der Kitt der Gesellschaft. Jeder, egal welcher Herkunft, muss dann ran.“ Dies schaffe die Möglichkeit zu unterschiedlichsten Begegnungen. Er selbst habe als Kriegsdienstverweigerer 18 Monate Zivildienst in einer Behinderteneinrichtung abgeleistet. „Das war für mich eine wichtige Zeit, die mein Leben und meine politische Entwicklung nachhaltig geprägt hat.“