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Frauen in Afrika – Herausforderungen und Hoffnungsschimmer

Über Frauen auf dem afrikanischen Kontinent heißt es meistens, dass sie Opfer von Gewalt und strukturell benachteiligt sind. Das stimmt zwar. Gleichzeitig sind sie Kämpferinnen für eine bessere Zukunft.

Shamsa Sharawe ist gepierct, trägt ihr Haar offen, elegante Kleidung und ist immer geschminkt. So und unter dem Namen Shamsa Araweelo präsentiert sich die junge Frau, deren Familie aus Somalia in Ostafrika stammt, auf der Plattform TikTok. Ungewöhnlich sind nur die Gegenstände, die sie in die Kamera hält: Rasierklingen, Bindfäden, Nadeln und Stoffstücke in Rot und Weiß. Sie legt sie so zusammen, dass sie eine Vagina symbolisieren.

Genau diese Videos werden mitunter mehr als elf Millionen Mal geklickt. Mit ihnen kämpft die 31-Jährige, die als Siebenjährige mit ihren Eltern nach England zog, gegen weibliche Genitalverstümmelung. Sie hat sie ebenso selbst erlebt wie eine Zwangsehe mit ihrem Cousin. Eigenen Angaben zufolge hat ihre Flucht ein knappes Jahr gedauert. Vergangenes Jahr wählte der britische Sender BBC sie auf die Liste der “100 Frauen des Jahres 2023”.

Eine Kämpferin für Frauenrechte ist auch Hermione Quenum aus Benin in Westafrika: Statt auf TikTok über Sexualität, Liebe und Frauenrechte zu sprechen, besucht sie für die nichtstaatliche Organisation Apessa im Süden des Landes weiterführende Schulen und Jugendzentren. “Ich liebe meine Arbeit”, sagt sie. Denn sie schaffe bessere Lebensbedingungen für Teenager und junge Erwachsene. Sie zeigt den jungen Frauen damit auch: Ihr seid selbst verantwortlich. Nehmt Eure Zukunft in die Hand.

Viel Druck gemacht haben Frauen gerade in Gambia, wo Mitte Juli der Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung weiblicher Genitalverstümmelung gekippt wurde. 2015 war diese verboten worden. Vor ein paar Monaten wollte eine Gruppe Abgeordneter mit engen Kontakten zu einflussreichen Muslimen – in Gambia bekennen sich rund 95 Prozent der gut 2,4 Millionen Einwohner zum Islam – diese unter Berufung auf die Religion jedoch wieder legalisieren. Sie scheiterten, was Frauenrechtsverbände weltweit feierten.

Ebenfalls erfolgreich waren fast zeitgleich Aktivistinnen in Sierra Leone, wo nun ein Gesetz die Heirat von Minderjährigen verbietet. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnet das als historisch. “Wir fordern andere Staaten in West- und Zentralafrika auf, Kinderehen zu verbieten”, sagte Regionaldirektorin Samira Daoud.

Ein Urteil verändert allerdings längst nicht alles. Nach Informationen des Kinderhilfswerks Unicef ist Kinderehe weltweit am stärksten auf dem afrikanischen Kontinent verbreitet. Das höchste Risiko haben Mädchen im Niger, wo drei von vier Mädchen vor ihrer Volljährigkeit verheiratet werden. Dazu tragen nicht nur Traditionen, sondern auch die wirtschaftliche Situation der Familie bei. Wird eine Tochter früh verheiratet, ist fortan ihr Mann für ihren Lebensunterhalt verantwortlich.

Mehr ökonomische Autonomie: Dafür kämpfen Frauen in Nigeria. Eine ist die Klimaaktivistin Adenike Olasudu. Sie kritisiert, dass der Klimawandel in ihrem Heimatland häufig noch ignoriert wird. Olasudu tritt auf Veranstaltungen auf, geht aber auch in Dörfer, um mit Frauen Strategien zu entwickeln, wie sie beispielsweise Gemüse anbauen können, wenn es nicht mehr zuverlässig regnet.

Nach Einschätzung verschiedener Organisationen sind schließlich Frauen überproportional vom Klimawandel betroffen. Je nach Land arbeitet mitunter jede zweite in der Landwirtschaft, bewirtschaftet eine kleine Fläche, die ihr nicht gehört. Bei Ernteausfällen durch Trockenheit oder Starkregen gibt es keine Absicherung.

Die Ressourcen zu schonen, darauf setzt in der Kleinstadt Diko, die eine Autostunde nördlich von Nigerias Hauptstadt Abuja liegt, auch Happy Amos. Sie hat das Unternehmen Roshan Global Service gegründet, das energieeffiziente Kochtöpfe vertreibt. “Damit gelingt es uns, Feuerholz einzusparen”, sagt Amos. Ziel ist es aber auch, bewusst Frauen einzustellen. “In einer Gegend, in der es kaum Arbeit gibt, schafft das ein regelmäßiges Einkommen.”

Doch gerade in Kriegen und Krisen stehen Frauen weiterhin vor enormen Herausforderungen. Sexualisierte Gewalt gehört dazu. Mitte Juli sagte die Hilfsorganisation Care, dass im krisengebeutelten Kongo die Gewalt gegen Frauen stark zugenommen habe. Sie würden vergewaltigt und müssten in Bordellen arbeiten, um ihre Familien durchzubringen, könnten aber aus Angst vor Stigmatisierung mit niemandem darüber sprechen. “Die Realität für Frauen und Mädchen in der Demokratischen Republik Kongo ist ein wahr gewordener Alptraum”, so Care-Länderdirektorin Sidibe Kadidia.