Hamburg. Die Zutaten stehen schon bereit. Heute wird Chani Bistritzky ihr Lieblinsgrezept zuerbereiten: Blintzes, gefüllte Pfannkuchen.
Das Rezept hat sie zu einem Kochbuch mit jüdischen Rezepten aus Hamburg beigesteuert. Es ist im vergangenen Herbst neu erschienen und das erste jüdische Kochbuch mit diesem regionalen Bezug. Die Rezepte reichen von Vorspeisen bis zum Nachtisch, von typisch jüdischen Gerichten wie Gefilte Fisch bis zu Apfelkuchen und von Orientalischem Lamm bis zu Königsberger Klopsen. Alle stammen von jüdischen Familien, die heute in Hamburg leben, oder einmal hier gelebt habe. Und so ist das Buch auch ein Zeugnis für die Wurzeln und die Geschichten dieser Familien.
Chani Bistritzky hat sich für Blintzes entschieden. Sie lassen sich leicht zubereiten, schmecken gut und sind in ihrer Wahlheimat Hamburg sehr wichtig geworden.
Zwei Herde, zwei Spülen
Bistritzky kocht koscher, das bedeutet unter anderem, dass milchiges und fleischiges Essen getrennt zubereitet werden müssen. Ihre Küche wirkt, als sei der Raum gespiegelt worden. Es gibt zwei Herde, zwei Spülen. Links ist der Teil für Milch, rechts der für Fleisch.
Die Pfannkuchen werden links zubereitet. Der Teig besteht aus den Grundzutaten Eiern, Mehl, Zucker und Milch, die Füllung aus Vanillepuding und Sahne.
Zuerst schlägt sie in einem durchsichtigen Glasschälchen ein Ei auf. Das Schälchen hält sie gegen das Licht, um zu sehen, ob Blut darin ist. Wäre das der Fall wäre, müsste sie es wegwerfen. Aber das Eiweiß ist klar. Das Rezept sieht vier Eier vor, aber Bistritzky schlägt gleich zwölf auf. Die Kinder freuen sich schon auf das süße Essen.
Zum Sabbat füllt sich der Esstisch
Chani Bistritzky und ihr Mann haben neun Kinder. Die Älteste ist 17 Jahre, der jüngste 8 Monate alt. Drei ihrer Töchter laufen an diesem Abend um sie herum. „Blintzes“, sagt die kleinste und strahlt.
Die Familie lebt seit mehr als fünfzehn Jahren in Deutschland. Hier haben sie es sich auch zur Aufgabe gemacht, jüdischen Traditionen wieder zu etablieren. Das Essen gehört auch dazu.
Jeden Sonnabend – zum Sabbat – füllt sich der riesige, dunkle Esstisch der Bistritzkys mit bis zu 20 Gästen, es kommen Mitglieder der jüdischen Gemeinde oder Gäste aus dem Ausland. „Donnerstag und Freitag sind wir den ganzen Tag in der Küche“, sagt Bistritzky. Unter der Woche kocht sie weniger aufwändig. Frühstück und Mittagessen bekommen die Kinder in der Jüdischen Schule.
Mit dem Rührgerät vermischt Bistritzky die Zutaten für den Pfannkuchen-Teig. Mehl, Zucker und Eier kauft die Familie normal im Supermarkt. Koschere Milchprodukte bekommen sie von einem Hamburger Supermarkt. Vieles andere bestellt sie bei dem Online-Shop „Kosher4u“, der in viele Länder ausliefert, oder bringt es von Besuchen in Israel mit.
Während sie in der flachen Pfanne einen Pfannkuchen nach dem anderen brät, darf ihre Tochter am Küchentisch den Vanilliepudding anrühren. Als er fertig ist, füllt Bistritzky einen Eßlöffel der schaumigen Masse auf einen fertigen Teigfladen, klappt ihn an drei Seiten zusammen und rollt ihn auf. Fertig sind die Blintzes. Die Kinder nehmen sich begeistert von den noch warmen Rollen. Das süße Essen ist aber auch etwas für Erwachsene.
Blintzes für junge Mütter
Bistritzky hat in Hamburg das Programm „Shifra und Puah“ mitgegründet. Jede Frau bekommt nach einer Entbindung eine Woche lang von anderen Frauen selbstgekochtes Essen nach Hause gebracht. Die Blintzes sind Tradition und gehören unbedingt dazu.
Oft wünschen sich Frauen aus der jüdischen Gemeinde auch, dass Chani Bistritzky sie begleitet, wenn sie ein Kind bekommen. Das Agaplesion-Krankenhaus liegt schräg gegenüber ihrer Wohnung.
Manchmal, so erzählt sie, verbringt sie die ganze Nacht dort, bis das Kind geboren ist, läuft morgens schnell zurück, bereitet in ihrer Küche Blintzes zu und bringt sie zum Frühstück ins Krankenhaus. Als erste Mahlzeit für die Mutter.
Buchtipp
Das Jüdische Kochbuch aus Hamburg.
Herausgegeben von Gabriela Fenyes, Barbara Guggenheim, Judith Landshut.
Dölling und Galitz Verlag.
286 Seiten. 23 Euro.
ISBN978-3-86218-109-4
Das Buch kann über die Evangelische Bücherstube bestellt werden.
Die Evangelische Bücherstube gehört zur Evangelischen Zeitung.