Auch Kindergartenkinder können schon sagen, ob sie eine Aufnahme von sich gut finden oder nicht. Das Kinderhilfswerk warnt vor den vielen Gefahren des “Sharentings” – und macht auf die Rechte von Kindern aufmerksam.
So ein süßer Schnappschuss! Stolze Eltern teilen Fotos und Videos ihrer Kinder teilweise bedenkenlos in den sozialen Netzwerken oder via Whatsapp. Dem Deutschen Kinderhilfswerk bereitet das Sorge. “Es braucht ein Bewusstsein dafür, dass deren Verbreitung auch Jahre später noch unangenehme und unerwünschte Folgen für das Kind haben kann”, erklärt Thomas Krüger, Präsident des Hilfswerks mit Sitz in Berlin, am Mittwoch. Wer Kinderfotos oder -videos veröffentliche oder teile, solle das nicht leichtfertig entscheiden – und auch nicht allein. Krüger: “Das Kind hat das Recht, altersangemessen und aktiv mitzubestimmen, ob, wie und mit wem ein Foto oder Video von ihm veröffentlicht oder geteilt wird.”
Das Phänomen des Teilens ist so verbreitet, dass es sogar einen eigenen, englischen Begriff dafür gibt: “sharenting” – ein Mischwort aus “sharing” (zu deutsch: teilen) und “Parenting” (zu deutsch: Erziehung). Eltern betrieben Sharenting aus vielen Gründen: So würden sie die Fotos oder Videos gern mit der Familie oder dem Freundeskreis teilen, oder stolz besondere Momente zeigen wollen. “Je größer das Publikum, desto mehr Anerkennung, Likes und Austausch dazu gibt es”, heißt es in dem Ratgeber “Sharing is not Caring”, den das Hilfswerk nun für Eltern und andere Erziehende herausgegeben hat. Denn, so heißt es, Erwachsene würden oft Unterstützung bei dem verantwortungsvollen Umgang mit Kinderfotos und -videos im Internet brauchen.
Das bedenkenlose Teilen birgt laut Hilfswerk viele Risiken. Zum einen kann demnach das ungefragte Posten die Privatsphäre und die Persönlichkeitsrechte des Kindes verletzen. Zum anderen könnten Bilder leicht genutzt werden, um das abgebildete Kind – auch noch Jahre später – zu mobben oder bloßzustellen. Weiterhin gebe es auch bei vermeintlich harmlosen Bildern die Gefahr, dass diese digital bearbeitet werden und das Kind so diffamiert oder in einer unangemessenen Situationen dargestellt wird.
Bilder von Kindern könnten zudem für sexualisierte Zwecke missbraucht werden, warnt das Hilfswerk. Wenn in Verbindung mit Kinderbildern weitere Daten wie Name, Adresse, Schule oder Kindergarten veröffentlicht werden, bestehe außerdem die Gefahr, dass fremde Menschen das Kind aufsuchen oder es mit persönlichen Informationen ansprechen. Das Hilfswerk weist auch darauf hin, dass Eltern in der Regel die Nutzungsrechte des Bildes an die jeweilige Social-Media-Plattform, auf der sie das Foto posten, abtreten. “Die Plattformen können die Bilder für verschiedene Zwecke kostenlos nutzen und teilweise auch Dritten weltweit die Nutzung erlauben”, erklärt das Hilfswerk in der Broschüre.
Sollten Eltern und andere das Teilen und Posten von Kinderbildern also am besten ganz sein lassen? Mitnichten. “Kinder gehören in die Mitte unserer Gesellschaft und sollten auch im Internet und den Sozialen Medien sichtbar sein”, sagt Hilfswerks-Präsident Krüger. Es gehe nicht um ein Verbot, sondern darum, Erwachsene zu sensibilisieren. Das Kinderhilfswerk empfiehlt, drei Schritte zu befolgen:
Eltern sollten zuerst überlegen, wie ihr Kind gezeigt werden soll. “Machen Sie sich bewusst, dass Sie mit einem Foto möglicherweise sehr persönliche, private oder gar intime Dinge über Ihr Kind preisgeben könnten”, heißt es. Oft würden Kinder peinlich finden, was Erwachsenen “süß” finden würden.
Dem Hilfswerk zufolge sollten Kinder ausnahmslos und immer von ihren Eltern gefragt werden, ob sie ein Foto von ihm posten oder veröffentlichen dürfen. Schon Kindergartenkinder könnten äußern, ob ihnen ein Foto von sich gefällt oder nicht, heißt es. Entsprechend müssten Eltern auch ein “Nein” ihres Kindes akzeptieren.
Soll ein Bild schließlich mit Zustimmung des Kindes gepostet werden, sollten sich Eltern noch einmal vergegenwärtigen, wer und wie viele Menschen das Foto oder Video wahrscheinlich sehen werden können. Denn sei das Foto erst einmal im Netz, sei es ein Leichtes, es zu speichern und weiter zu verbreiten. Das Hilfswerk rät deswegen dazu, die Privatsphäre-Einstellungen der Dienste zu nutzen, um einzuschränken, wer Zugriff auf die Bilder und Videos hat.