EKD-Flüchtlingsbischof Christian Stäblein hat den Asylkompromiss der EU-Innenminister mit deutlichen Worten kritisiert. „Man lässt keine Kinder und Familien vor den Toren stehen – Punkt“, sagte der Berliner Bischof am Rande des Kirchentags in Nürnberg dem Evangelischem Pressedienst (epd). Der Beauftragte des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen fügte hinzu: „Wir können nicht ernsthaft eine Situation wollen, wo Familien an den Grenzen stehen gelassen werden.“
Stäblein zeigte sich enttäuscht, dass sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei den Beratungen der EU-Innenminister und -ministerinnen am Vortag in Luxemburg mit ihren Forderungen nach Ausnahmen für Minderjährige und deren Familienangehörige nicht durchsetzen konnte. Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte appellierte an die EU-Parlamentarier, im Zuge des anstehenden Gesetzesverfahrens „Mut zu einer humanen Flüchtlingspolitik“ zu zeigen und den Schutz der Hilfebedürftigen zu stärken. Dies sei „im Namen der Menschenwürde“ unabdingbar.
Ausnahmen im Gespräch
Die EU-Innenminister hatten sich in Luxemburg nach langen Verhandlungen auf eine Verschärfung des Asylrechts verständigt. Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Grenzverfahren an der EU-Außengrenze. Diese sollen den Asylverfahren vorgeschaltet werden. Dabei wird zunächst formal geprüft, ob Schutzsuchende einen Asylantrag stellen dürfen. Sie müssen so lange in den Erstaufnahme-Lagern bleiben. Deutschland, Irland, Luxemburg und Portugal dringen weiter auf Ausnahmen für Minderjährige und ihre Familienangehörigen.
Man lässt keine Kinder und Familien vor den Toren stehen – punkt. Wir können nicht ernsthaft eine Situation wollen, wo Familien an den Grenzen stehen gelassen werden. Mein Interview mit Jens Büttner vom @epdOst, heute auf dem @kirchentag_de in Nürnberg https://t.co/6rf4JSw1Zy
— Christian Stäblein (@chrstaeblein) June 9, 2023
Die Vorschläge der EU-Innenminister sollen die Zahl der Asylbewerber mit geringen Bleibechancen reduzieren und Abschiebungen vereinfachen. Daneben soll ein Solidaritätsmechanismus eine fairere Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU ermöglichen.