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Finanznot: Kommunen und Landkreise schlagen Alarm

Die Finanzsituation der Kommunen in Baden-Württemberg hat laut einer Blitzumfrage des Gemeindetags einen kritischen Punkt erreicht. Drei Viertel der befragten Städte und Gemeinden bewerten ihre Haushaltslage bis 2027 als kritisch oder sogar „existenzbedrohend“, teilte der Gemeindetag am Mittwoch in Stuttgart mit. Als Hauptbelastungen gelten Liquiditätsprobleme bei 47 Prozent und steigende Abschreibungen bei 30 Prozent der Kommunen. Fast zwei Drittel aller Städte und Gemeinden im Land haben sich den Angaben zufolge an der Umfrage beteiligt.

„Die Kommunen in Baden-Württemberg haben im Jahr 2024 ein Defizit von über drei Milliarden Euro erlitten. Die Aussichten für 2025 sind noch düsterer“, sagte Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags. Die jüngste Steuerschätzung prognostiziere für das laufende Jahr zusätzliche Mindereinnahmen von 383 Millionen Euro für die Kommunen im Südwesten. Bis 2029 könnten sich diese Mindereinnahmen auf fast 1,5 Milliarden summieren.

Der Gemeindetagspräsident warnte eindringlich vor den Konsequenzen der finanziellen Notlage: Sanierungen von Sporthallen, Kindergärten oder Schulen müssten ausfallen, Klimaschutzinvestitionen gestrichen, Hebesätze erhöht und Vereinsförderungen überprüft werden. „Damit steht das Fundament kommunaler Daseinsvorsorge auf dem Spiel“, so Jäger.

Die vom Land kürzlich zugesagte Liquiditätshilfe bezeichnete Jäger als „notwendigen und richtigen Zwischenschritt“, betonte jedoch, dass damit lediglich Zahlungen vorgezogen würden. Es bedürfe einer strukturellen Stabilisierung der Kommunalhaushalte. Mit 81 Prozent fordert die überwältigende Mehrheit der Kommunen als vordringlichste Maßnahme der neuen Bundesregierung die Stärkung der Kommunalfinanzen.

Der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, der Tübinger Landrat Joachim Walter, unterstützt die Forderungen des Gemeindetags: „Genauso wie die Gemeinden und Städte stehen auch die baden-württembergischen Landkreise am finanziellen Abgrund. Neun von zehn Landkreisen haben nicht mehr genügend Einnahmen, um ihre Haushalte auszugleichen.“

Walter verwies auf die steigenden Sozialkosten in der Eingliederungs- und Jugendhilfe sowie auf das Defizit von mehr als 750 Millionen Euro, das die Landkreise mit eigenen Krankenhäusern in diesem Jahr schultern müssten. Angesichts dieser Lage stünden Kürzungen im öffentlichen Nahverkehr sowie bei Bildung und Kultur auf der Tagesordnung der Kreistage. (117005.2025)