Artikel teilen:

Fast jeder Zweite hat laut Studie Altersdiskriminierung erlebt

Eine Job-Ablehnung aus Altersgründen, keine angemessene Therapie, weil gesundheitlichen Beschwerden “altersgemäß” seien. Die Antidiskriminierungsbeauftragte ruft dazu auf, gegen diese Form der Diskriminierung vorzugehen.

Laut einer Untersuchung haben rund 45 Prozent der Menschen in Deutschland schon einmal Altersdiskriminierung erlebt. Bei den über 65-Jährigen sei es jeder dritte Befragte gewesen, heißt es in der am Dienstag in Berlin vorgestellten repräsentativen Umfrage. Die Untersuchung wurde vom Meinungsforschungsinstitut GMS im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführt.

Der Umfrage zufolge erlebten die Betroffenen vor allem im Arbeitsleben Benachteiligung: 39 Prozent berichten demnach von Altersdiskriminierungen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, 27 Prozent im Gesundheitsbereich, 24 Prozent bei Geschäften und Dienstleistungen. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt haben laut Untersuchung 22 Prozent der Befragten erlebt. Auch die Digitalisierung führte demnach zu Benachteiligungen (11 Prozent). Seit Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle im Jahr 2006 seien mehr als 8.600 Fälle wegen Altersdiskriminierung eingereicht worden.

Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, erklärte, die Umfrage zeige, dass das Problem der Altersdiskriminierung größer sei, als es “uns bislang bewusst ist”. Es betreffe ältere, aber auch jüngere Menschen. Zwar sei Altersdiskriminierung gesetzlich verboten, aber das wisse kaum jemand.

Ataman forderte ein gesellschaftliches Umdenken: “Wir müssen über die negativen Altersbilder in unserer Gesellschaft reden: Noch immer glauben Menschen, ältere Kollegen am Arbeitsplatz seien eine Belastung. Das ist Unsinn und schadet der Wirtschaft.” Konkret appellierte sie an die künftige Bundesregierung, einen Nationalen Aktionsplan Antidiskriminierung vorzulegen. Zudem müsse das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformiert werden, um die Rechte von Betroffenen zu stärken. Das Verbot von Altersdiskriminierung solle zudem im Grundgesetz verankert werden.

Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), Regina Görner, ging auf neue Diskriminierungen durch Digitalisierung ein. Wenn die Technologie schlecht zugänglich sei, baue sie zusätzliche Hürden auf, vor allem wenn analoge Angebote in vielen Lebensbereichen einfach gestrichen würden und Kommunikation nur noch über das Internet möglich sei. Dazu gehörten etwa Arzttermine, die nur noch online buchbar seien, oder Banküberweisungen, die nur noch online möglich seien, weil die örtliche Filiale geschlossen werde.

Für die repräsentative Befragung wurden den Angaben zufolge rund 2.000 Menschen in Deutschland in der Zeit vom 11. bis zum 16. März befragt.