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Fassaden-Projektionen sollen auf Theater-Notlage hinweisen

Mit nächtlichen Fassaden-Projektionen macht das von der Schließung bedrohte Deutsche Theater in Göttingen auf seine missliche finanzielle Lage aufmerksam. Im Zuge der Kampagne „Theater ohne Zukunft“ werden dabei Szenen mit fiktiven Bewerbern, die das Haus kaufen könnten, jeden Tag nach Einbruch der Dunkelheit auf der Front des Gebäudes präsentiert, wie das Theater mitteilte. Unter den vermeintlichen Kaufinteressenten sind ein schwedisches Möbelhaus, der Betreiber einer Spielhalle oder ein Matratzen-Produzent.

Das Land Niedersachsen will dem Theater zufolge die steigenden Kosten, vor allem durch höhere Tariflöhne, nicht mehr ausgleichen, die Stadt und der Landkreis schlössen sich dem an. Zudem sei die aufwendig vorbereitete Sanierung im August gestoppt worden. Ein strukturelles Defizit baue sich auf. Bis zum Ende der Spielzeit könne das über Rücklagen aufgefangen werden. Doch danach drohe die Insolvenz.

„Unsere Aktion macht sichtbar, was buchstäblich auf dem Spiel steht, fordert dazu auf, über die Rolle von Kunst und Kultur nachzudenken und aktiv für ihren Erhalt einzutreten“, sagte Theatersprecher Jan Hendrik Buchholz. „Ob Spielhalle, Matratzenlager oder Nagelstudio – die Projektionen verdeutlichen auf provokante Weise, was aus diesem prominenten und geschichtsträchtigen Ort werden könnte, wenn Theater als zentrale Orte für Kultur, Dialog und Gemeinschaft keine Zukunft mehr haben.“ Die Aktion läuft zunächst bis Ende Februar.

„Theater schaffen Räume für gesellschaftlichen Austausch, Inspiration und nachhaltige Reflexion“, betonte Intendant Erich Sidler. Ihr Verlust wäre ein unwiederbringlicher Schaden für das Gemeinwesen. Kunst sei keine Randerscheinung, sondern die Grundlage für ein gemeinsames Lebensgefühl und tragfähige demokratische Vereinbarungen.

Um auf die Misere hinzuweisen, haben Schauspielerinnen und Schauspieler des Theaters auch eine „Theater-Partei“ gegründet, die mit kurzen Szenen auf dem Göttinger Marktplatz für ihr Anliegen wirbt. „Man kann die Theater-Partei zwar nicht wählen, aber man kann sie unterstützen“, sagte Schauspieler Bastian Dulisch.

Das 1890 eröffnete Deutsche Theater ist das größte Schauspielhaus in Göttingen. Das Ensemble besteht aus fast 30 Schauspielerinnen und Schauspielern. Bespielt werden zwei Bühnen für etwa 500 und 100 Zuschauer sowie eine Kellerbühne als Spielstätte für kleine Stücke, Konzerte, Lesungen und Themenabende.