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Fairer Handel oder Benachteiligung?

Experten diskutierten in Lippe über Vor- und Nachteile des TTIP-Handelsabkommens

LAGE – Nutzen oder Gefahr, Chance oder Risiko: Ist das transatlantische Handelsabkommen (TTIP) für die USA, Europa und Deutschland wichtig oder entbehrlich? Über diese Frage diskutierten in der Marktkirche Lage während des „Tages der Landwirtschaft“ Francisco Mari, Referent für Welternährung, Agrarhandel und Meerespolitik bei Brot für die Welt, Cajus Julius Caesar, lippischer CDU-Bundestagsabgeordneter, und Willi Kampmann, Referent für Internationale Beziehungen beim Deutschen Bauernverband, Büro Brüssel.
Cajus Caesar sprach sich dafür aus, den wirtschaftlichen Nutzen des Handelsabkommens zum Maßstab der Bewertung zu machen. Das bedeute aber nicht, produkt- und verbraucherschutzbezogene Standards abzusenken. Diese müssten erhalten oder möglichst verbessert werden. Ein Binnenmarkt mit 50 Prozent der wirtschaftlichen Weltproduktion und mit 800 Millionen Menschen führe zu „mehr Wachstum und Jobs in Europa und Deutschland“.
Francisco Mari stellte klar, dass „Brot für die Welt“ das Handelsabkommen ablehne, soweit dessen Inhalte bis jetzt bekannt und bestätigt sind. Das Abkommen wolle Weltstandards setzen, denen der Rest der Welt zu folgen habe. Für Entwicklungsländer heiße dies, dass ihre Interessen beispielsweise im Agrarbereich in Zukunft unberücksichtigt blieben.
TTIP wird nach Ansicht des „Brot für die Welt“-Referenten auf vielfältige Weise zu Handelsumlenkungen zuungunsten der Länder des Südens führen. Mari: „Durch die Zollabsenkung für US-Produkte, die bisher zollfrei von Entwicklungsländern in die EU eingeführt werden konnten, werden die USA auch bei tropischen Produkten einen Wettbewerbsvorteil haben und Marktanteile der Entwicklungsländer übernehmen.“
Umgekehrt würden EU-Exporte mit einer Rohstoffbasis in den Entwicklungsländern (Röstkaffee, Schokolade) bei Zollabsenkungen der USA den direkten Zugang von solchen verarbeiten Agrarprodukten in die USA für Entwicklungsländer erschweren. Die Länder des Südens blieben reine Rohstofflieferanten ohne Chance auf höhere Wertschöpfung durch eigene Weiterverarbeitung ihrer Rohprodukte.
Willi Kampmann betonte das große Interesse Deutschlands an einem TTIP-Abschluss, weil dieser dazu beitrage, Arbeitsplätze in Deutschland und die damit zusammenhängenden Sozialstandards zu sichern. Der Handel in seiner jetzigen Form habe den Hunger bekämpft und die Zahl der Hungernden verringert. Beim transatlantischen Handelsabkommen gehe es im Agrarbereich nicht um einen schrankenlosen, sondern um einen „fairen Handel“.
Der Referent des Deutschen Bauernverbandes wies die Kritik zurück, dass TTIP der afrikanischen Landwirtschaft schade. In vielen afrikanischen Ländern fehlten Rahmenbedingungen, um die dortigen Bauern zu schützen. Wie es besser gehe, zeige Südafrika mit seinen stabilen Politik- und Rechtsstrukturen. UK