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Expertin: Zwei Drittel der großen Vermögen in Deutschland vererbt

Die Journalistin Julia Friedrichs ist in die Welt der Superreichen hierzulande eingetaucht. Welche Erfahrungen sie gemacht hat und warum sie eine neue Debatte fordert.

In kaum einem Land ist das Vermögen laut der Bestsellerautorin Julia Friedrichs so ungleich verteilt wie in Deutschland. Zwei Drittel der Milliardärsvermögen sind in Teilen vererbt, wie Friedrichs der “Süddeutschen Zeitung” (Dienstag) sagte. Das sei mal anders gewesen. “Aber wir sind eben nicht mehr im Nachkriegsdeutschland, wo Leute mit Drogerieketten oder Ingenieursarbeit reich geworden sind. Heute sind Aufsteiger wie die Biontech-Gründer sehr selten.”

Zugleich kritisierte Friedrichs, dass es staatlicherseits keine Erhebungen über die Reichen gebe. Man wisse nicht, wie die größten Vermögen verteilt seien. Andere Länder hätten transparente Vermögensregister, so die Autorin. Hierzulande gebe der Staat die paar Daten, die er habe, nicht einmal an Forschende weiter.

Für ihre Recherchen zu dem Buch “Crazy Rich. Die geheime Welt der Superreichen” habe sie Menschen getroffen, die dem Privatjet-Klischee entsprächen, aber auch solche, die Fahrrad fahren, sagte die Journalistin. Einige machten sich um die Lage in Deutschland viele Gedanken, “andere würde ich privat nicht zum Bier treffen wollen”. Man müsse differenzieren. Nur eine Sache bleibe gleich: “Man redet meist mit älteren westdeutschen Männern.”

Friedrichs räumte ein, dass es durchaus plumpes Reichen-Bashing gebe. Dennoch müsse man danach fragen dürfen, nach welchen Regeln Deutschland seinen Wohlstand verteile, ohne dass dies als Neid und Missgunst abgetan werde. Viele Menschen fänden große Vermögen dann okay, wenn sie das Ergebnis eigener Anstrengung seien – nicht der Geburt. “Dass Milliardäre tausend Millionen mal mehr verdient haben als der Rest, ist für niemanden mehr plausibel.”

Ein Problem für die Demokratie gibt es laut Friedrichs auch. Denn Geld bedeute Einfluss. Wer etwa an Parteien spende, bekomme ab gewissen Summen leichter Zugang zu Entscheidern. “Ich finde es insgesamt eine gewagte Wette, wenn wir das Vermögen bei so wenigen Leuten ballen und dann darauf setzen, dass sie gute Ideen für die Probleme unserer Zeit haben.”

Die Expertin plädierte für eine neue Debatte zwischen den Reichen und dem Rest, die beiden Seiten zeige, was sie voneinander hätten: “Superreiche Menschen sind nicht herzlos, sondern geben dem Land auch viel zurück. Sie streben genau wie die allermeisten von uns nach Anerkennung und Respekt.”