Polio sollte bereits vor mehr als 20 Jahren ausgerottet sein. Doch auf den letzten Metern ist es schwierig. Nun will die Bundesregierung die Mittel hierfür kürzen – aus Sicht von Experten ein hohes Risiko.
Die nationale Kommission für die Ausrottung des Poliovirus kritisiert die geplante Mittelkürzung im Haushalt des Entwicklungsministeriums 2025 als “verheerende Schwächung”. In einem Brief an das Ministerium, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, schreiben die Experten, dass angesichts jüngster Entwicklungen eine Kürzung der Finanzmittel für die Globale Polio-Eradikations-Initiative von 37 auf 20 Millionen Euro das Projekt ernsthaft gefährde.
In Afghanistan und Pakistan stiegen seit vier Jahren die Fälle wieder an, doch wenn Maßnahmen der weltweiten Ausrottung weiter fortgeführt würden, sei eine Poliofreiheit in beiden Ländern erreichbar. Auch in Gaza, wo es einen Poliofall gab, habe eine rasche Impfaktion stattgefunden.
Es sei jedoch ein Warnsignal, dass in 41 Ländern der Welt vor allem in Abwasserproben ein vom Lebendimpfstoff abgeleitetes und potenziell krankmachendes Poliovirus Typ 2 nachgewiesen werden könne. Zirkulierten diese Viren, sei dies ein Risiko für Ungeimpfte. “Diese Entwicklungen zeigen uns, wie fragil die Erfolge im Kampf gegen Polio sind. In Gebieten mit schlechter Gesundheitsversorgung oder instabilen politischen Verhältnissen wie in Gaza, dem Jemen, der Demokratischen Republik Kongo oder auch in der Ukraine kann sich das hochinfektiöse und umweltresistente Virus rasch ausbreiten”, warnt die Kommission.
Erst wenn überall 95 Prozent der Kinder geimpft seien, wie es die Weltgesundheitsorganisation empfehle, könne nach einer Einschleppung eine weitere Virus-Zirkulation vermieden werden. Doch für Impfkampagnen und das Überwachen der Lage brauche es genügend Mittel, andernfalls sei das Risiko eines Wiederauflebens von Polio auch in Deutschland real. Derzeit gilt die Bundesrepublik als poliofrei.
Die Poliomyelitis, kurz Polio oder oft auch Kinderlähmung genannt, ist die Folge einer Infektion mit einem von drei Picornaviren. Wenn die Krankheit ausbricht, kann sie sich auf das zentrale Nervensystem ausweiten und zum Tod oder dauerhaften Lähmungen führen. Übertragen wird das Virus fäkal-oral, also etwa über mit Fäkalien verunreinigtes Wasser und Lebensmittel. Da es keine antivirale Therapie gibt, können bei einer Infektion nur die Symptome gelindert werden.