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Experte kritisiert “naive” Interviews mit AfD-Politikern

Mit der AfD reden, aber wie? Der Berliner Politikberater Johannes Hillje beobachtet bei vielen Medien „Orientierungslosigkeit“ im Umgang mit der Partei. Das sei gefährlich.

Der Berliner Kommunikations- und Politikberater Johannes Hillje wünscht sich eine fundiertere Auseinandersetzung der Medien mit den vielfältigen Ursachen des AfD-Aufstiegs
Der Berliner Kommunikations- und Politikberater Johannes Hillje wünscht sich eine fundiertere Auseinandersetzung der Medien mit den vielfältigen Ursachen des AfD-AufstiegsImago / Metodi Popow

Der Berliner Kommunikations- und Politikberater Johannes Hillje beobachtet bei vielen Medien „Orientierungslosigkeit“ im Umgang mit der AfD. So würden noch immer „erschreckend naive Interviews“ mit AfD-Politikern geführt, sagte Hillje dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel. Die AfD sprenge aber die Normen der demokratischen Öffentlichkeit, indem sie Lügen, Verschwörungsmythen und demokratiefeindliche Ideologie teilweise offen kommuniziere, teilweise aber auch bewusst kaschiere.

Sowohl an der Einordnung des Extremismus als auch der Selbstverharmlosung scheiterten einige Medien, kritisierte Hillje: „Man muss vor allem die Ideologie der AfD durchdringen, dann wird klar, dass sie einen illiberalen Staat nach dem Vorbild Viktor Orbans will.“ Der ungarische Ministerpräsident Orban steht wegen seiner autoritären Regierungsführung seit vielen Jahren in der Kritik.

Hillje: Protestwählerthese empirisch betrachtet nicht haltbar

Auch müsse es eine fundiertere Auseinandersetzung der Medien mit den vielfältigen Ursachen des AfD-Aufstiegs geben, erklärte Hillje. So sei die Protestwählerthese populär, aber empirisch betrachtet nicht haltbar. Hauptsächlich biete die AfD jenen Anerkennung und Aufwertung, die mindestens teilweise rechtspopulistisch eingestellt sind.

Er habe seit Gründung der AfD drei Phasen des journalistischen Umgangs mit der Partei beobachtet, sagte Hillje. Die erste Phase sei die mediale Verstärkung der rechtspopulistischen Rhetorik und von Personen gewesen. Nach dem Einzug der AfD in den Bundestag sei in einer zweiten Phase weniger und kritischer über die Partei berichtet worden. Aktuell berichteten Medien wieder mehr über die AfD, fielen in der Art und Weise aber auf Verhaltensweisen der ersten Phase zurück.