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Ex-Diplomaten kritisieren “bedingungslose Unterstützung” Israels

Eine “falsch verstandene Freundschaft”? Mehrere deutsche Ex-Diplomaten kritisieren die Unterstützung der israelischen Regierung durch die Bundesrepublik. Denn: In vergleichbaren Fällen handle Deutschland ganz anders.

Mehrere ehemalige deutsche Botschafter im Nahen und Mittleren Osten halten der Bundesrepublik Doppelmoral im Umgang mit Israels Regierung vor. “Seit Jahrzehnten sehen wir zu, wie Palästinenser von der israelischen Armee und Siedlern schikaniert, vertrieben oder getötet werden und wie Israel völkerrechtswidrig immer mehr Land besetzt – dies im offenkundigen Widerspruch zu unserem sonstigen Eintreten für das Völkerrecht und zur regelbasierten Weltordnung”, schreiben die früheren Diplomaten in einem Gastbeitrag für die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Donnerstag). Das stimme nicht mit der ansonsten deutlichen Positionierung Deutschlands etwa gegen Russland überein.

Die Ex-Botschafter kritisieren eine aus ihrer Sicht “bedingungslose Unterstützung” der aktuellen israelischen Regierung als “falsch verstandene Freundschaft, weil sie wichtige Teile der israelischen Gesellschaft ignoriert”. Deutschland trage auf Grund seiner Geschichte eine besondere moralische Verantwortung für Israel wie für die Menschlichkeit. “Für beide einzutreten und Vergehen an beiden entgegenzutreten, muss unser Anspruch sein. Das betrifft Hamas, aber auch die aktuelle Regierung Israels.” Israels Vorgehen im Gazastreifen sowie im Westjordanland und in Syrien ließen “kein Weiter-so mehr zu, auch nicht von Deutschland”.

Die Verfasser fordern Deutschland zudem auf, sich an internationale Statuten, wie die Urteile des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu halten. Dieser hatte Haftbefehle gegen Hamas-Führer sowie gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Joav Gallant erlassen. Der Vorwurf lautet auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. “Weder Netanjahu noch deutsche Politiker stehen über dem Recht. Lautes Nachdenken über Wege zur Umgehung des Haftbefehls passen nicht zu einem Vorreiter des Völkerstrafrechts wie Deutschland”, betonen die ehemaligen Botschafter.

Bei den Verfassern handelt es sich den Angaben zufolge um Birgitta Siefker, Christian Much, Hansjörg Haber und Christian Clages. Siefker war zuletzt Botschafterin in Jordanien (2015-2020) sowie zuvor Botschafterin im Libanon (2009-2013). In Beirut folgte sie auf Haber, der dort 2005 bis 2007 tätig war und war direkte Vorgängerin von Clages (2013-2015), der zuletzt von 2018 bis 2021 Leiter der Deutschen Vertretung in den Palästinensischen Gebieten war. Much war von 1013 bis 2016 deutscher Botschafter in Libyen.