Der Libanon steckt in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise – und beherbergt 1,5 Millionen syrische Kriegsflüchtlinge. Dass die EU dem Land weitere Hilfe zusagt, geschieht nicht ohne Eigeninteresse.
Die EU will den Libanon in seiner wirtschaftlichen und politischen Krise mit Finanzhilfen im Umfang von einer Milliarde Euro unterstützen. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch in Beirut am Donnerstag an. Das Programm über den Zeitraum von 2024 bis 2027 solle zur Sicherheit und Stabilität des Landes beitragen, sagte sie. Der Libanon beherbergt nach Schätzungen der Regierung 1,5 Millionen Geflüchtete aus dem benachbarten Syrien. Vom Süden des Landes aus liefern sich schiitische Milizen regelmäßig Scharmützel mit Israel.
Libanons Ministerpräsident Nadschib Mikati betonte bei einer Pressekonferenz in Beirut, sein Land habe seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien die größte Last bei der Aufnahme von Flüchtlingen getragen. Ein Drittel der aktuellen Bevölkerung seien Vertriebene aus dem Nachbarland. Mikati warnte vor wachsenden sozialen Spannungen und einer internationalen Ausweitung der Krise, wenn der Libanon “ein Transitland von Syrien nach Europa” werde.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs der EU hatten bei ihrem letzten Gipfel im April ihr Engagement für den Libanon bekräftigt. Die Abschlusserklärung nannte neben der Hilfe zu dringenden Reformen auch eine stärkere Unterstützung der libanesischen Streitkräfte.
Von der Leyen erklärte, diese Unterstützung erstrecke sich auf Ausrüstung und Training. Die Kommissionspräsidentin sprach sich auch für eine engere Zusammenarbeit Libanons mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex aus. Weiter sagte sie mit Blick auf die Flüchtlinge im Libanon, um die EU-Hilfe wirksamer zu machen, arbeite man an einem “strukturierteren Ansatz für eine freiwillige Rückkehr nach Syrien”.
Seit 2011 stellte die EU nach eigenen Angaben mehr als 3 Milliarden Euro für den Libanon bereit, davon 2,6 Milliarden allein für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge, aber auch für das Grenz- und Migrationsmanagement und zur Bekämpfung von Menschenschmuggel.