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EU-Kommission gerät mit Tunesien-Abkommen unter Druck

Wegen des Migrationsabkommens mit Tunesien muss sich die EU-Kommission Fragen der Europäischen Bürgerbeauftragten stellen. In dem am Freitag in Brüssel veröffentlichten Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erhebt Ombudsfrau Emily O’Reilly Zweifel, ob das Geld, das die EU der tunesischen Regierung zur Eindämmung der Migration in Aussicht gestellt hat, nicht möglicherweise für Menschenrechtsverletzungen genutzt wird.

Im Juli hatten die EU und die tunesische Regierung eine stärkere Zusammenarbeit bei der Migration beschlossen. Die Absichtserklärung sieht seitens der EU Leistungen im Umfang von zunächst 105 Millionen Euro zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität sowie für Grenzschutz und die Rückführung abgelehnter Asylbewerber vor.

Konkret verlangt O’Reilly von der EU-Kommission Auskunft darüber, ob vor der Einverständniserklärung mit Tunesien eine Folgenabschätzung hinsichtlich der Menschenrechte vorgenommen wurde. Die Kommission soll außerdem öffentlich darlegen, welche aktiven Maßnahmen sie gegen mögliche Rechtsverletzungen erwägt. Weiter will die Ombudsfrau wissen, ob und wie die EU eine regelmäßige, systematische und wirksame Prüfung menschenrechtlicher Risiken in Tunesien sicherstellt und nach welchen Kriterien zugesagte Gelder zurückgehalten werden können.

O’Reilly betonte, dass nach EU-Recht keine Mittel für Maßnahmen bereitgestellt werden dürften, die zu Menschenrechtsverletzungen in Partnerländern führen könnten. Für eine Antwort räumte sie eine Frist bis 13. Dezember ein.

Auch die kirchlichen Hilfsorganisationen “Brot für die Welt” und Misereor beurteilen das EU-Migrationsabkommen mit Tunesien kritisch. Bestrebungen, das Land als sicheren Drittstaat einzustufen, stießen auf Widerstände in Tunesien selbst, heißt es in einer gemeinsamen Länderanalyse, die kommende Woche veröffentlicht werden soll.

“Angesichts des Interesses, die Migration nach Europa um jeden Preis zu begrenzen, scheinen die EU und ihre Mitgliedstaaten bereit zu sein, ihre demokratischen und menschenrechtlichen Grundsätze über Bord zu werfen”, so das Papier, das der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. Dies könne sich “als Bumerang erweisen”, da das zusehends autoritäre Gebaren von Tunesiens Präsident Saied immer mehr Tunesier veranlasse, den Weg nach Europa zu suchen.