Biafra: Dieses Wort hat sich mir eingebrannt. Kinder mit dünnen Beinchen, aufgedunsenen Bäuchen; die Augen so leer, dass der bodenlose Abgrund der Seele dahinter einen ansprang. Im Religionsunterricht konnten wir diese Bilder kaum ertragen. Ich mochte nicht hinschauen; so schrecklich waren diese Fotos. Später, als ich selbst als Fotoreporter in Afrika unterwegs war, standen ich und meine Kolleginnen und Kollegen immer wieder vor dieser Frage: Wieviel Elend verträgt der Betrachter? Und immer wieder musste ich an die Biafra-Kinder denken.
Mittlerweile ist die Frage entschieden. Zumindest unter Medienfachleuten: Zuviel Elend verträgt kein Mensch. Egal, was der Fotograf sieht; egal, was ihn berührt, welches Leid ihn anschreit: Bringen die Fotos das zu direkt mit nach Hause, wenden sich die Menschen ab. Biafra-Fotos gibt es heute nicht mehr.
Lehre daraus: Wer etwas verändern will, wer aufrütteln will, muss die Wirklichkeit zeigen. Aber er muss die Grenzen beim Betrachter beachten: Artikel, die man nicht anschauen mag, helfen niemandem.
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