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Erzbischof Koch: Prostitution ist keine normale Erwerbsarbeit

Menschenhandel, Armut, Missbrauch: Der Berliner Erzbischof kritisiert eine gesellschaftliche Akzeptanz von Prostitution als Verrat an der Menschenwürde. Er sieht eine teils weit verbreitete Selbsttäuschung.

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat vor einer Normalisierung von Prostitution gewarnt. “Eine Gesellschaft, die Prostitution als normale Erwerbsarbeit akzeptiert, verrät das Ideal der Menschenwürde: Sie gibt den Schutz der Schwachen zugunsten der Bedürfnisbefriedigung der Starken auf”, sagte er am Donnerstag in Berlin im Rahmen der Pfingstaktion des katholische Osteuropahilfswerk Renovabis. “Wer zum Verkauf steht, gerät in Sklaverei, psychisch und oft genug auch physisch. Eine Gesellschaft, die sich auf Menschenrechte beruft, darf diese Degradierung von Menschen zur Ware nicht dulden.” Sexualität reiche bis in den innersten Bereich der menschlichen Psyche, gehöre zum Kern der Persönlichkeit: “Hier verbietet sich jede ökonomische Verwertung.”

Aus kirchlicher Sicht sei in der Sexualität die Bewahrung seelischer Gesundheit unter dem Vorzeichen von Käuflichkeit schlicht nicht möglich, jedenfalls nicht dauerhaft. “Zu oft versuchen wir gesellschaftlich, uns darüber hinwegzutäuschen. In jenen Fällen, wo Freiwilligkeit die uneingeschränkte Grundlage der Prostitution bildet, mag diese Selbsttäuschung nachvollziehbar wirken, entspricht sie doch einem weit verbreiteten Klischee literarischer und medialer Romantisierung”, sagte Koch, der auch Vorsitzender des Aktionsrats von Renovabis ist.

Er verwies darauf, dass großer Teil der von Zwangsprostitution Betroffenen aus Osteuropa komme, vor allem Frauen aus Bulgarien und Rumänien. Vielfach seien die auslösenden Faktoren Armut, Perspektivlosigkeit, familiäre Not, Krieg oder fehlende soziale Absicherung in den Herkunftsländern. Strukturelle Armut und mangelnde Bildungschancen machten Betroffene und ihre Familien zur leichten Beute für falsche Versprechungen von Menschenhändlern. Die Bekämpfung dieser Ursachen in ganz Ost- und Südosteuropa sei ein zentrales Anliegen von Renovabis.

Die diesjährige Pfingstaktion des katholischen Osteuropa-Hilfswerks steht unter dem Motto “Voll der Würde. Menschen stärken im Osten Europas”. Sie wird bundesweit am Sonntag in Berlin mit einem Gottesdienst in der Sankt Hedwigs-Kathedrale eröffnet und endet mit der Pfingstkollekte in allen Pfarrgemeinden Deutschlands am 8. Juni.