Regelmäßig geben deutsche Museen aus der Kolonialzeit stammende menschliche Gebeine an die Ursprungsländer zurück. Jetzt ist es erstmals mittels DNA-Analyse gelungen, zu einem Schädel aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika einen direkten lebenden Nachkommen in Tansania zu ermitteln, wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz am Dienstag in Berlin bekannt gab. Es sei ein kleines Wunder und werde trotz sorgfältigster Provenienzforschung wahrscheinlich ein seltener Fall bleiben.
Das Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin hatte demnach in einem 2017 gestarteten Projekt gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Ruanda die Provenienz von rund 1.100 Schädeln aus der ehemaligen Kolonie untersucht. Für einen Schädel lasse sich nun eine vollständige genetische Übereinstimmung mit einer heute noch lebenden männlichen Person feststellen. Der auf dem Schädel überlieferte Titel “Akida” habe darauf hingedeutet, dass es sich bei dem Verstorbenen um einen hochrangigen Berater des Anführers des Volks der Chagga, Mangi Melis, handeln könnte. Der Chief des im Nordosten von Tansania ansässigen Volkes wurde 1900 von den Deutschen gehängt, weil er angeblich eine Verschwörung plante.
Für eine andere, ebenfalls aus dem Volk der Chagga stammende Familie wurde den Angaben zufolge bei zwei weiteren untersuchten Schädeln eine fast vollständige Übereinstimmung der väterlichen Linien identifiziert. Eine direkte biologische Verwandtschaft in ununterbrochener väterlicher Linie ist in diesen Fällen zumindest wahrscheinlich. Laut Stiftung sollen nun zeitnah die Angehörigen und die Regierung von Tansania informiert werden.