Hannover/Freistatt/Kr. Diepholz. Wohnungslose aus Deutschland und den Nachbarländern wollen von Sonntag an erstmals in Freistatt bei Diepholz zu einem Sommercamp zusammenkommen. Das einwöchige Treffen soll Auftakt zu einer Reihe von Camps sein, bei denen sich Wohnungslose und ehemals Wohnungslose über ihre Situation und mögliche Hilfen austauschen. Lange Zeit sei die Wohnungslosenhilfe von einem Ansatz von oben herab geprägt gewesen, sagte der Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Christoph Künkel, in Hannover.
Mehr Selbstorganisation für Wohnungslose
"Der Ansatz von der anderen Richtung her ist noch relativ jung", erläuterte Künkel. Er sprach sich für einen staatlichen Fonds aus, um Wohnungslosen mehr Formen der Selbstorganisation zu ermöglichen.
Zwar kämen mittlerweile bei Konferenzen der Wohnungslosenhilfe auch Betroffene selbst vermehrt zu Wort, ergänzte Jürgen Schneider, der zu den Organisatoren gehört und selbst wohnungslos ist. Dabei gebe es aber oft Vorgaben. Bei dem Camp dagegen sollten die Männer und Frauen eigene Wege finden, nach dem Motto "Ich weiß, was gut für mich ist". Schneider gehört auch zu den Initiatoren des 2012 gestarteten Vereins Armutsnetzwerk, der Menschen mit Armutserfahrungen zusammen bringt.
Diakonie und Stiftung "Bethel im Norden" finanzieren Camp
Zu dem Sommercamp in Zelten auf dem Gelände der diakonischen Einrichtung Freistatt werden den Angaben zufolge mehr als 80 Wohnungslose erwartet, darunter auch Teilnehmer aus Finnland, Dänemark, den Niederlanden, Österreich und Irland. Die Diakonie in Niedersachsen und die ebenfalls in der Wohnungslosenhilfe engagierte Stiftung "Bethel im Norden", zu der Freistatt gehört, finanzieren das Treffen. Es wird von Profis aus Hilfseinrichtungen und Wohnungslosen organisiert. Auf dem Programm stehen Gespräche zu Themen wie Mitbestimmung, Diskriminierung oder Arbeitslosigkeit und Angebote wie eine Schreibwerkstatt, Fußballspielen oder ein Filmabend.
Allein in Niedersachsen lebten Schätzungen zufolge derzeit rund 8.400 Wohnungslose und ihre Zahl steige, sagte Diakonie-Chef Künkel. "Die Szene hat sich gewandelt." Menschen ohne Obdach gebe es mit allen Formen von Bildungsabschlüssen. "Viele sind auch unterwegs, weil Schicksalsschläge sie aus der Bahn geworfen haben. Das ist ein Querschnitt der Gesellschaft." (epd)