Die Jüdische Gemeinde in Frankfurt, eine der größten in Deutschland, erinnert an die Befreiung von Auschwitz vor 80 Jahren. Mit hochrangigen Gästen – und unter dem Eindruck der Freilassung von Geiseln aus Hamas-Gewalt.
Mit Mahnungen und dem Blick auf die Gegenwart hat die Jüdische Gemeinde in Frankfurt am Main an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 80 Jahren erinnert. Unter den Rednern waren am Sonntag auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Dieser forderte ein klares Eintreten für die Erinnerung an die Schoah, dem Millionenfachen NS-Mord an Jüdinnen und Juden. Scholz sagte, die Richtschnur heute müsse sein, Unrecht nicht zu dulden, nie mehr wegzuschauen und Nein zu sagen.
“Gerade heute, wo Antisemitismus, Rechtsextremismus, völkisches Gedankengut, wo teils unverhohlene Menschenfeindlichkeit vielerorts eine erschreckende und alarmierende Normalisierung erfährt”, so der Kanzler. Sicherheitsbehörden schützten jüdische Gemeinden, Antisemitismus, Terrorpropaganda und Menschenfeindlichkeit würden bekämpft. Im neuen Staatsangehörigkeitsrecht sei geregelt, dass Antisemitismus einer Einbürgerung entgegenstehe.
Scholz sagte, dass sich jede und jeder, unabhängig von Herkunft, Familiengeschichte oder Religion, den “unzweifelhaften Fakten” stellen müsse. Er betonte: “Ich trete jedem Schlussstrich, jedem ‘Lange her’ entgegen.” Es müsse der Anspruch aller sein, dass das jüdische Deutschland genauso selbstverständlich und alltäglich sei wie das Deutschland jedes anderen Glaubens und auch Nichtglaubens. “Leider sind wir davon noch entfernt. Das ist und bleibt empörend.” Versäumnisse müssten aufgearbeitet werden.
Zentralratspräsident Schuster lenkte den Blick ebenfalls auf die Politik: “Die Politik muss eine klare Sprache gegen eine subtile Verwässerung der Erinnerung an die Schoah von extrem links und extrem rechts finden.”
Schuster mahnte, dass sich der Blick auf Auschwitz “in seinem Kern” nicht verändern dürfe. “Er kann es nicht, wenn dieses Land seiner Gründungsidee und seiner Verantwortung vor der Geschichte gerecht werden will.” Diese Gewissheit sei essenziell für jüdisches Leben in Deutschland. “Es braucht eine wehrhafte Haltung gegen die Propaganda des ‘Schuldkults’, deren parlamentarischer Arm mit der AfD bereits in Landtagen und im Bundestag sitzt.” Schuster prangerte auch eine “postkoloniale Verirrung der ‘German guilt'” an.
Jüdinnen und Juden könnten sich der Unterstützung einer großen Mehrheit der politischen Akteure sicher sein. Allerdings gebe es immer wieder “Irritationen”, sagte Schuster. “Gerade die Erinnerung an die Schoah, ihre Singularität sowie die Gestaltung und Absicherung der KZ-Gedenkstätten müssen über jeden Zweifel erhaben sein.”
Die Gedenkveranstaltung stand auch unter dem Eindruck der Freilassung von drei weiblichen israelischen Geiseln aus der Gewalt der Terrororganisation Hamas am selben Tag. Als dies bekannt wurde, brandete Jubel auf. Redner drückten Freude und Erleichterung aus.