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Elsa-Studie: Versorgung für ungewollt Schwangere unterschiedlich

Das Bundesgesundheitsministerium hat nun die sogenannte Elsa-Studie veröffentlicht. Demnach unterscheidet sich die Versorgungslage in Deutschland für ungewollt Schwangere je nach Bundesland.

Ungewollt schwangere Frauen haben in den östlichen Bundesländern den einfachsten Zugang zu Praxen, die Abtreibungen anbieten. Eine Ausnahme bildet dabei Brandenburg. Dies geht aus der sogenannten Elsa-Studie hervor, die das Bundesministerium veröffentlichte. Im Westen zeigt die Untersuchung die dichteste Versorgung in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Vergleichsweise schlecht ist die Versorgungslage in Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg.

Die Caritas begrüßte die Veröffentlichung. Ein wichtiges Ergebnis der Studie sei es, dass ungewollt schwangere Frauen weniger Stigmatisierungen erführen als befürchtet. Der Verein Donum Vitae warnt indes vor voreiligen Schlüssen und einer politischen Instrumentalisierung der Ergebnisse.

Laut der Studie leben 4,5 Millionen Menschen in Deutschland außerhalb einer “angemessenen Erreichbarkeit” zum nächsten Angebot für einen Schwangerschaftsabbruch. Die 85 Landkreise, in denen das zutrifft, liegen demnach vor allem in Bayern, aber auch in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Als schlecht erreichbar bezeichnen es die Autoren der Studie, wenn eine Einrichtung, die einen Abbruch durchführt, nicht innerhalb von 40 Minuten mit einem Auto erreichbar ist.

Die Koalition aus Union und SPD hatte in der Legislaturperiode von 2017 bis 2021 die von einem Forschungsverbund erstellte ELSA-Studie in Auftrag gegeben. Elsa steht für “Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer – Angebote der Beratung und Versorgung”. Bereits im vergangenen Jahr waren erste Ergebnisse vorgestellt worden.

Nach Paragraf 218 im Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland rechtswidrig. Er bleibt aber bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, wenn es zuvor eine Beratung gab und ein Beratungsschein ausgestellt wurde. Zwischen Beratung und Abtreibung müssen mindestens drei Tage vergehen.

Weiter heißt es in der Studie, dass Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen gut erreichbar sind. Allerdings seien sie zum Teil nicht gut vernetzt mit der medizinischen Versorgung.

Ein Ziel der Studie war es auch, die Belastungssituationen von Frauen zu untersuchen, die eine ungewollte Schwangerschaft austragen oder abbrechen. Von den rund 1.200 befragten ungewollt schwangeren Frauen nahm demnach rund die Hälfte einen Abbruch vor, die andere Hälfte der Frauen trug das Kind aus. Von den Frauen, die eine Abtreibung vornehmen ließen, berichteten demnach 78 Prozent von einer verinnerlichten Stigmatisierung wegen des Abbruchs. Diese habe bei ihnen auch zu Barrieren im Zugang zu medizinischer Versorgung geführt. Die Stigmatisierung von außen sei dagegen viel geringer gewesen als befürchtet.

Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa verwies auf das Ergebnis der Studie, dass es vergleichsweise geringe Stigmatisierungen von außen gebe. Auch gebe nur ein marginaler Teil der befragten Ärzte und Ärztinnen an, keine Abbrüche durchzuführen, weil sie Stigmatisierungen befürchteten. “Die häufig vertretene These, mit dem Paragrafen 218 seien relevante Stigmatisierungserfahrungen verbunden, die gewichtigen Einfluss auf die Entscheidung zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs hätten, wird durch die Studie nicht bestätigt”, so Welskop-Deffaa.

Weiter betonte Welskop-Deffaa, unter den belastenden Faktoren rage die Frage der Kosten heraus. Kosten des Abbruchs seien knapp zwei Dritteln der Frauen erstattet worden, bei 6,7 Prozent sei die Erstattung abgelehnt worden. 21,7 Prozent der Frauen bewerten die finanzielle Belastung demnach als eher oder sehr hoch.

Der von Katholiken gegründete Schwangerenberatungsverein Donum Vitae rief dazu auf, den mehr als 1.000 Seiten umfassenden Bericht sorgfältig zu prüfen. Zugleich warnte auch er vor einer politischen Instrumentalisierung. Dazu zähle, voreilige Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen zu ziehen oder diese für weitgehende politische Ziele wie die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs zu nutzen, so der Verein. Dies werde weder der Komplexität der Thematik noch den tatsächlichen Problemlagen der ungewollt schwangeren Frauen gerecht und werde auch bei näherer Betrachtung von den Elsa-Ergebnissen so nicht getragen.