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Eine Hilfe zum Gebet

Erfunden hat sie ein schwedischer Pfarrer, die „Perlen des Glaubens“. Dahinter verbirgt sich ein Gebets-Armband mit 18 Perlen, die für verschiedene Bereiche stehen

© epd-bild / Simone Viere

„Es gibt zwei Liebesperlen. Liebe ist das Zentrale. Gott ist die Liebe. Eine Perle steht für die Liebe, die wir geben und eine für die, die wir erhalten“, erklärt Martin Lönnebo, pensionierter Bischof der protestantischen schwedischen Staatskirche, zwei „seiner“ 18 Perlen. Der inzwischen 86-Jährige hat diese evangelische Gebetskette 1985 erfunden, als er wegen eines Sturmes auf einer kleinen griechischen Insel festsaß.

Ziel: Menschen zum Beten einladen

Längst nutzen sie Menschen in vielen Ländern zum Gebet, nicht nur in Skandinavien. Die Gebetskette, die auch als Armband getragen werden kann, besteht aus 18 Perlen unterschiedlicher Größe und Farbe, meist aus Holz oder Glas. Zu den Perlen hat Lönnebo eigene kurze Gebete und Impulse formuliert. Zwölf Perlen haben eine je eigene Bedeutung, dem Leben Jesu folgend: Die Gottes­perle, die ich-Perle, die Taufperle, die Wüstenperle, die Perle der Gelassenheit und zwei Liebesperlen gefolgt von drei Geheimnisperlen. Es gibt auch eine Perle für den Tod – die Perle der Nacht – und die der Auferstehung. Unterbrochen werden diese zwölf Perlen von sechs gleichen, schmalen Perlen der Stille.
Das war dem Erfinder wichtig: „Wir haben die Stille in unserer Gesellschaft fast getötet.“ Die „Perlen des Glaubens“ – oder der „Frälsarekransen“ wie er in Schwedisch heißt – sind für ihn eine Einladung zum Gebet: „Die Menschen wissen oft nicht mehr, wie sie sich ihrem christlichen Gott nähern können, sie brauchen eine Hilfe zum Gebet und etwas für die Hände.“
Inzwischen nutzen über eine Million Menschen weltweit die „Perlen des Glaubens“. Kerstin Faupel-Drews, Pastorin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, hat sie in Skandinavien kennengelernt, nach Deutschland gebracht und inzwischen mehrere Bücher dazu verfasst. Die kleine Gebetskette ist für sie ein „Trainingsgerät für die Seele im besten Sinne“. Sie schätzt an dem Gebetskranz, dass er so vielseitig einsetzbar ist – allein und in Gruppen: Man kann die Perlen alleine gut für den eigenen Tagesabschluss verwenden – indem man den Tag entlang der einzelnen Perlen durchgeht.
Gleiches gilt auch für die eigene Lebensgeschichte etwa im Rahmen von Besinnungstagen. Die „Perlen des Glaubens“ eignen sich aus ihrer Erfahrung auch gut für die Gruppenarbeit: im Rahmen eines gemeinsamen Vorbereitungsgebetes, als Andacht oder Blitzlicht. Gerade mit Jugendlichen macht sie sehr gute Erfahrungen: „Jugendliche reden nicht gerne über ihre Gefühle. Aber sich aus dem großen Holzperlenkranz in der Mitte eine Perle herauszusuchen und über die Perle zu sprechen, das schaffen die.“

Von Anfang an ein ökumenisches Projekt

Auch Katholiken wissen die „Perlen des Glaubens“ zu schätzen. „Die Perlen des Glaubens waren von Anfang an ein ökumenisches Projekt“, sagt Jens Ehebrecht-Zumsande, Referent in der Pastoralen Dienststelle des Erzbistums Hamburg. Seine „öffentliche Premiere“ in Deutschland hatte das Gebetsband beim ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin. Ehebrecht-Zumsande selber hat schon mehrere ökumenische Angebote dazu geleitet. Er nennt die Gebetskette einen „kleinen Katechismus für die Hände“.
Es geht darum, das Leben Jesu betend zu betrachten. Die „Perlen des Glaubens“ – oft auch „Perlen des Lebens“ genannt – erlauben eine große Freiheit in der Gestaltung des Gebets; es sind viele Variationen möglich.
Gebetsketten gibt es in fast allen Religionen: den katholischen Rosenkranz, die orthodoxe Gebetsschnur als Hilfe für das Jesusgebet, die muslimische Misbaha zum Lob Gottes und die buddhistische Mala zu den Lehren Buddhas. Auch der Rosenkranz wurde erst Mitte des 13. Jahrhunderts entwickelt: Bei Ausgrabungen etwa in Nürnberg oder Konstanz wurde sein Vorläufer entdeckt: der „Paternoster“ – eine Gebetsschnur aus dem Mittelalter. Mit ihr wurden das Vaterunser, das Ave Maria und das Credo gebetet.