Terror, Tote und Verletzte: Manche Eltern versuchen, die Pariser Anschläge und die verstörenden Bilder von ihren Kindern fernzuhalten. „Wir empfehlen Eltern, gerade Kindern unter zehn Jahren altersgerechte Formate zur Information anzubieten, gemeinsam zu nutzen und sie behutsam über die Ereignisse aufzuklären“, heißt es beispielsweise bei der unter anderem vom Bundesfamilienministerium initiierten Kampagne „Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht“.
Für Kinder: altersgerechte Nachrichten
Die Geschehnisse könnten gerade bei einem Ereignis dieser Größenordnung nicht von Kindern ferngehalten werden, meint Markus Mörchen, Redaktionsleiter der ZDF-Kindernachrichtensendung „logo!“. Auch deswegen, weil viele Mädchen und Jungen das Fußballspiel an jenem Freitagabend geschaut hätten. „Es ist ganz wichtig, dass man Kinder darüber informiert.“
Bei den Anschlägen in der französischen Hauptstadt waren mehr als 130 Menschen getötet und über 350 teils schwer verletzt worden. Die Attentäter hatten zeitgleich Bars, Restaurants, eine Konzerthalle und das deutsch-französische Fußball-Länderspiel angegriffen. Zu den Taten bekannte sich die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS).
Eltern sollten mit ihren Kindern altersgerechte Nachrichten schauen, rät Mediencoach Kristin Langer von „Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht“. In einem Alter ab elf Jahren könnten sie dann auch Erwachsenennachrichten schauen – im Beisein der Eltern.
Die Fragen der Kinder sollten in jedem Fall ernst genommen und ehrlich beantwortet werden. Für sie könne es beispielsweise schwierig sein nachzuvollziehen, warum die Zahl der Opfer in den Tagen nach den Anschlägen weiter steige – obwohl das Ereignis längst vorbei sei. „Da müssen Eltern dann erklären, dass es noch Verletzte auf Intensivstationen gibt, die nicht überlebt haben“, erläutert Langer.
Und natürlich stellen Kinder genau die Frage, die den Erwachsenen durch den Kopf geht: Kann das hier bei uns auch passieren? „Eine ehrliche Antwort ist die beste Antwort“, zeigt sich Redaktionsleiter Mörchen überzeugt.
Auch Rituale sind aus Expertensicht wichtig für Kinder. Eine Kerze für die Opfer anzünden, in der Familie über die Ereignisse sprechen – das sei hilfreich, so Langer. Kleinere Kinder könnten oftmals ihre Gefühle noch nicht ausdrücken. Deshalb sei es wichtig, auf ein „erhöhtes Anlehnungsbedürfnis“ der Kleinen einzugehen. Denn: Sie spürten die Betroffenheit der Eltern und fühlten sich verunsichert.
In Schweigeminuten würden Kinder etwa in Schulen einbezogen. „Das ist für die Kinder ein wichtiges Ereignis, was ihnen auch Kraft in so einer Situation gibt“, sagt Mörchen. Kinder und Jugendliche gehen aber auch eigene, neue Wege, wie Langer beobachtet. „Sie nutzen Kommunikationsmittel, zum Beispiel Messenger auf dem Smartphone. Da drücken sie aus: Wir beten für Paris, wir sind solidarisch mit den Opfern. Es ist beeindruckend, wie die Medien da genutzt werden.“
Der Terror in Paris – er ist Realität, mit der auch die Kinder leben müssen. „Man kann Kinder nicht vor der Erfahrung des Todes bewahren“, sagt Jürgen Bärsch, Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Eichstätt-Ingolstadt. „Ich glaube, es wäre auch falsch, das zu tun. Kinder bekommen das ja mehr oder weniger bewusst mit.“
Ganz wichtig in Gesprächen mit Mädchen und Jungen sei es, auf keinen Fall Ängste zu schüren, so Mediencoach Langer. Etwa im Hinblick auf den Islam: „Unsere Kinder wachsen ja mit Andersgläubigen, muslimischen Menschen auf. Und da ist es wichtig, dass wir als Eltern und Lehrer darauf hinweisen, dass der Mensch, mit dem wir es zu tun haben, eine ganz andere Gedankenwelt hat als ein Attentäter.“
Die Initiative „Schau hin!“ betont auf ihrer Internetseite: „Zudem können Kinder muslimischen Glaubens Angst vor pauschalen Verurteilungen haben. Eltern können helfen, diese Ängste durch einfühlsame Gespräche zu lindern.“