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«Eine Aura, die uns atemlos macht»

Bremerhaven (epd). Trotz großer Fortschritte mit digitalen Ausstellungsformaten während der Corona-Pandemie ist die Bremerhavener Museums-Direktorin Simone Blaschka von der bleibenden Anziehungskraft originaler Ausstellungsstücke überzeugt. «Das Original und seine Geschichte haben eine Aura, die uns atemlos macht, das ist im rein Digitalen durch nichts zu ersetzen», sagte die Chefin des Deutschen Auswandererhauses dem Evangelischen Pressedienst (epd) und fügte hinzu: «Mir fehlen momentan die Menschen, die sich an dieser Magie erfreuen.»

   Alltagsgegenstände im Zusammenhang mit Lebensgeschichten könnten mehr Empathie erzeugen, führte die Direktorin aus. «Den Besucherinnen und Besuchern bei uns im Haus fällt es damit leichter, sich in die Situation etwa eines Auswanderers zu versetzen.» Blaschka beschrieb das Beispiel eines Teddybären, mit dem ein junges Mädchen aus Schlesien nach Westdeutschland geflüchtet war und den sie auch bei sich hatte, als sie nach Großbritannien und später in die USA auswanderte: «Der Teddy wurde über Jahrzehnte zu einem Lebensbegleiter. Und das sieht man ihm auch an, er ist eben nicht mehr neu, er atmet Geschichte.»

   Dazu komme der dreidimensionale und auf besondere Weise mit Licht, Farben, Akustik und Gerüchen inszenierte Raum des Museums, ergänzte Blaschka. «Die Besucher des Migrationsmuseums begeben sich auf eine historische Zeitreise und tauchen inmitten detailgetreuer Rekonstruktionen originaler Orte und Schauplätze in die Welt der Aus- und Einwanderung ein.» So beginne der Rundgang an einer nachgebauten Hafenanlage aus dem 19. Jahrhundert, unter der meterhohen Rekonstruktion der Bordwand des Schnelldampfers «Lahn» warteten Reisende unterschiedlicher Epochen auf die Abfahrt.

   «Originale Ausstellungsgegenstände und der Raum – das macht die eigentliche Faszination beim Museumsbesuch aus», fasste Blaschka zusammen. Digitale Elemente könnten dieses Erlebnis durchaus ergänzen, könnten dabei helfen, historische Objekte zu entschlüsseln. «Und was wir und sicher auch andere Häuser während der Pandemie erfahren haben: Sie können über das Internet die Reichweite des Museums erhöhen, mit mehr nationalen und internationalen Kontakten, das finde ich großartig», bekräftigte die 49-jährige Historikerin und Migrationsforscherin.

   Das Auswandererhaus informiert über 300 Jahre europäischer Aus- und deutscher Einwanderungsgeschichte. Es wurde am 8. August 2005 eröffnet und zählte seither eigenen Angaben zufolge mehr als 2,75 Millionen Besucher.