Etwa 2.000 Quadratmeter – das steht rein rechnerisch jedem der acht Milliarden Menschen auf dieser Erde an Ackerfläche zu. Darauf muss wachsen, was uns ernährt und versorgt.
Um einen Einblick zu bekommen, was global gesehen auf einer solchen Fläche alles angebaut wird, wurde am Bodensee der Überlinger Weltacker angelegt. Dort wachsen auf 2.000 Quadratmetern 40 der meist angebauten Ackerkulturen im gleichen Verhältnis, wie sie weltweit angebaut werden.
Der Acker am Bodensee entstand Ende 2021 nach dem Vorbild des 2.000-Quadratmeter-Projekts in Berlin. Mittlerweile gibt es Partner-Äcker in China, Kenia, Frankreich, der Schweiz und Schottland und an mehreren Orten in Deutschland – auch auf der Bundesgartenschau in Mannheim ist ein Weltacker zu sehen.
Zapfsäule auf dem Acker
Sogar Reis und Baumwolle wachsen am Bodensee – und mit viel Glück bei trockenem Wetter sogar Erdnüsse. „Nur Maniok und Zuckerrohr gedeihen in unseren Breitegraden nicht“, sagt die Bildungsreferentin des Projekts, Anette Wilkening.
Rund die Hälfte der Ackerflächen weltweit belegen Getreidearten, allen voran Weizen, gefolgt von Mais und Reis. Doch nur 43 Prozent des Getreides werden als Lebensmittel verwendet. Über ein Drittel wird an Tiere verfüttert, fast 20 Prozent gehen in die Treibstoff- und Energieproduktion, worauf auch eine Zapfsäule auf dem Acker aufmerksam macht.
Dass Pflanzen mit Stumpf und Stil verbrannt werden, findet die Agrarwissenschaftlerin und Pädagogin Wilkening nicht sinnvoll. Dafür seien die Ackerflächen zu wertvoll und wichtig für eine wachsende Weltbevölkerung. Allerdings spräche nichts dagegen, Abfälle und Reste von Pflanzen in Biogas umzuwandeln.
Die Fläche reicht nicht aus
Anders als bei anderem Getreide sei es noch bei Reis, der 170 Quadratmeter des Weltackers belegt und fast ausschließlich für die Ernährung verwendet wird. Ein Quadratmeter bringe jährlich ein viertel bis ein halbes Kilo Reis an Ertrag, rechnet Wilkening vor. Allein von Reisanbau könnte ein Mensch auf seinem Weltacker von den Kalorien her gesehen gut leben. Auch für eine ausgewogene Ernährung fehle es nicht an Fläche.
Ein Problem sei neben der großen Lebensmittelverschwendung – auf rund einem Drittel der weltweiten Ackerflächen werden Dinge angebaut, die nie gegessen werden -, dass die meisten Menschen „unfassbar viel Fleisch“ essen und deshalb insgesamt mehr als Zweidrittel der Ackerfläche in Futtermittel gingen, erklärt Wilkening. Im Schnitt brauche es vier Pflanzenkalorien, um eine tierische Kalorie zu erhalten. Man könne auf seinem privaten Weltacker von 2.000 Quadratmetern zwei Schweine ein Jahr lang auf ihr Schlachtgewicht mästen. Nur dann wäre der Acker kahl gefressen und es bliebe kein Platz mehr, um zum Beispiel Baumwolle für Kleidung anzubauen oder Tee oder Gemüse. Die Fläche reiche dafür nicht aus.
300g Fleisch sind erträglich
Vegan leben müsse man deshalb nicht unbedingt, sagt die Expertin. Denn Weidefläche und Tiere, die sie abgrasen, seien sogar wichtig, weil Dauergrünland ein sehr guter CO2-Speicher sei und die Graswurzeln Fruchtbarkeit in den Boden brächten. Allerdings komme es auf die Haltungsart und die Menge des Fleischverzehrs an: „300 Gramm Fleisch pro Person und Woche wären global gesehen verträglich.“
Auf dem Überlinger Weltacker sind auch in Holzbeeten „Flächenbuffets“ zu sehen. In einem Beet stecken die Pflanzen, die benötigt werden, um eine Portion Spaghetti mit Tomatensoße anzubauen, in einem weiteren Beet wachsen die Zutaten für Spaghetti Bolognese – darunter neben einer Tomatenstaude und Weizen auch Sojabohnen, die für das Kraftfutter stehen, das man braucht, um 125 Gramm Schweinehackfleisch zu produzieren.