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Ein Fünkchen Hoffnung

Irith Michelsohn, Generalsekretärin der Union Progressiver Juden, hat einen Wunsch: Dass eine Behinderteneinrichtung bei Bethlehem einen Aufzug erhält. Damit die Mitarbeiter die Kinder nicht länger treppauf und treppab schleppen müssen

So ein tolles Haus – und kein Aufzug? Als Irith Michelsohn im September vergangenen Jahres mit einer Delegation aus Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Israelreise auch das Westjordanland besuchte, konnte sie sich ein Bild machen von dem modernen Rehabilitationszentrum Lifegate in Beit Jala bei Bethlehem. Etwas aber fiel ihr dabei schnell  ins Auge: Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Kinder, die nicht laufen können, treppauf und treppab schleppen müssen. Was bei drei Stockwerken kein wirkliches Vergnügen ist.

Lifegate – Tor zum Leben: Hilfe zur Selbstständigkeit

Die Bielefelderin beschloss, dass das nicht so weitergehen kann. Zurück in Westfalen suchte sich die 65-Jährige, die als Generalsekretärin der Union Progressiver Juden in Deutschland und Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde in Bielefeld nicht nur in der Region gut vernetzt ist, Verbündete und startete eine Spendenaktion. Ihr Ziel – besser: ihr Herzensanliegen – ist der Einbau von zwei Fahrstühlen. „Wenn das Geld aber erstmal nur für einen reicht, ist das auch in Ordnung“, sagt Michelsohn. Hauptsache die Kinder und Jugendlichen, die im Rollstuhl sitzen, können selbstständig von einer Etage in die andere kommen.
Lifegate – Tor zum Leben heißt die in den 1990er Jahren durch einer Initiative aus Bayern gegründete Einrichtung. Der Name ist Programm: Hier sollen junge Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen, die in den Palästinensergebieten sonst zumeist am Rande der Gesellschaft leben, eine Perspektive erhalten, damit sie später ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen können. Denn ein gesetzliches Sozialversicherungssystem fehlt in den Palästinensergebieten ebenso wie eine spezielle finanzielle Unterstützung für Menschen mit Behinderungen.
2012 konnte das jetzige Life-Gate- Gebäude mit Werkstätten, Therapie- und Schulräumen in Betrieb genommen werden. Zur Zeit werden nach Auskunft des Leiters Burghard Schunkert insgesamt 175 Kinder und Jugendliche in drei Bereichen betreut, gefördert und ausgebildet: 40 Kinder im Frühförderbereich, 85 Schulkinder und 50 Auszubildende, die zwischen zwölf Handwerksberufen wählen können. Sie können zum Beispiel Tischler werden oder Schlosser, in der Wäscherei mitarbeiten oder in der Töpferwerkstatt. Oder sie erlernen die tradionelle Olivenholzverarbeitung ihrer Heimat. Ein Teil der im Ausbildungsbereich produzierten Waren wird verkauft und trägt  so zum Lebensunterhalt der jungen Menschen bei.

Beitrag zu wertvoller sozialer Arbeit

Für Irith Michelsohn steht fest, dass bei Lifegate eine wirklich herausragende Arbeit geleistet wird, von der nicht nur die betroffenen Kinder und Jugendlichen profitieren, sondern auch deren Familien. „Und wenn es diesen Menschen besser geht, gibt es vielleicht auch ein Fünkchen Hoffnung auf Frieden“, sagt sie.  
Die Bielefelderin mit deutschem und israelischem Pass ist ihrem Geburtsland Israel eng verbunden, blickt aber auch über die Grenzen ihres Landes hinaus und sieht die zum Teil schwierige humanitäre Lage in den Palästinensergebieten. Mit ihrer Unterstützung für Lifegate, die sie ausdrücklich als private Initiative verstanden wissen will, möchte sie einen kleinen Beitrag leisten zu deren sozialer Arbeit.
Nun rührt Michelsohn also kräftig die Werbetrommel. Sie ist überzeugt, dass es möglich ist, die zunächst veranschlagten 200 000 Euro für die Aufzüge zusammenzubekommen. Dass es vielleicht auch noch etwas preiswerter geht, hat ihr ein Bielefelder Aufzugbauer gesagt. Von 160 000 Euro sei da die Rede gewesen, berichtet sie im Gespräch mit UK.
Ideelle Unterstützung hat Irith Michelsohn bei André Kuper, dem Präsidenten des nordrhein-westfälischen Landtags, gefunden. In dessen Delegation war sie im vergangenen September nach Israel und ins Westjordanland gereist. Der Kirchenkreis Bielefeld fördert ihr Anliegen, indem er die Einrichtung eines Spendenkontos ermöglicht hat. Eine finanzielle Steilvorlage lieferten die v. Bodelschwinghschen Stiftungen in Bielefeld: Sie spendeten die ersten 20 000 Euro für die Aufzüge.
Über diese Großspende hat sich Irith Michelsohn ganz besonders gefreut. Das Fundament für ihr Vorhaben war damit gelegt. Darauf soll nun weiter aufgebaut werden. Damit das Schleppen der Kinder über die drei Etagen bald ein Ende hat. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lifegate werden‘s ihr und den Spendern sicher danken.

Spendenkonto: Evangelischer Kirchenkreis Bieleld, IBAN: DE42 3506 0190 2006 6990 68, Verwendungszweck: „W371C“ – Lifegate.