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Dritte “Sancta”-Aufführung in Stuttgart nicht ungestört

Am Samstagabend kam die religionskritische Oper “Sancta” ein drittes Mal in Stuttgart auf die Bühne. Der Notarzt musste diesmal nicht kommen. Es gab aber Einsätze des Besucherservice, eine Demo und einen Zwischenrufer.

Bei der dritten Aufführung der umstrittenen religionskritischen Oper “Sancta” in Stuttgart hat sich der Besucherservice laut Veranstaltern um drei Personen kümmern müssen. “Sie hatten Kreislaufprobleme, ein Notarzt ist aber nicht nötig gewesen”, sagte Sebastian Ebling, Sprecher der Staatsoper Stuttgart, am Sonntag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Bei den ersten beiden Aufführungen hatte es insgesamt 18 Einsätze des Besucherservice gegeben. Damals verließen manche Zuschauer den Saal, weil ihnen schlecht wurde; in drei Fällen hatte der Notarzt gerufen werden müssen.

Ebling sagte, bei der Vorstellung am Samstag habe es “in den ersten Minuten einen Zwischenrufer” gegeben, der dann aber “nach meinen Informationen den Saal selbssttändig verlassen hat”. Zudem habe die Organisation TFP (“Deutsche Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum”) mit etwa 50 Personen vor dem Opernhaus demonstriert. Die Vereinigung gilt als erzkatholisch und traditionalistisch. Dabei habe es “keine Vorfälle” gegeben.

Wegen drastischer Darstellungen von Gewalt und Sexualität auf der Bühne ist die religionskritische Opernperformance der Regisseurin Florentina Holzinger erst ab 18 Jahren freigegeben. Holzinger verquicke die Oper “Sancta Susanna” von Paul Hindemith (1895-1963) und Elemente der katholischen Liturgie “zu einer radikalen Vision der heiligen Messe”, so die Staatsoper.

Stuttgarts katholischer Stadtdekan Christian Hermes hatte das Stück nach der zweiten Aufführung kritisiert. Dieses zelebriere “naive, um nicht zu sagen kitschige sexuell-spirituelle Erlösungsträume”, sagte er der KNA. Mitarbeitende und Besucher würden “brutal an und über die Grenzen des ästhetisch und psychisch Erträglichen geführt”, religiöse Gefühle “entgegen aller sonst gepflegten politischen Korrektheit obszön verletzt”.

Regisseurin Holzinger sagte dem “Spiegel” (Samstag), sie habe positive Rückmeldungen auf die Inszenierung auch von Christen erhalten, “die unsere Show gut und wichtig finden”. Auf der anderen Seite habe sie aber auch viele Hassnachrichten erhalten. Christliche Fundamentalisten hätten sie etwa als “Häretikerin” bezeichnet und ihr Gotteslästerung vorgeworfen. Schwerer wögen jedoch Hassbotschaften, in denen sie etwa als “Schlampe” beleidigt und mit Vergewaltigung bedroht werde.

Für die Vorstellung am Samstag war der Sicherheitsdienst der Oper zahlenmäßig aufgestockt worden, so Ebling. Das Besucherinteresse sei weiter groß. Die restlichen “Sancta”-Vorstellungen sind ausverkauft.