Das Bremer Zentrum für Kunst bringt an diesem Wochenende ein Drama zu den „Euthanasie“-Morden im Nationalsozialismus auf die Bühne, in dem eine Schauspielerin mit Down-Syndrom die Hauptrolle spielt. In dem Stück „T4. Ophelias Garten“ steht die Bremerin Neele Buchholz als Titelfigur im Rampenlicht. Das Schauspiel stammt vom italienischen Autor Pietro Floridia und ist den Angaben zufolge ab Freitag in einer Bearbeitung des Berliner Regisseurs David Stöhr zu sehen.
Der nationalsozialistischen „Aktion T4“ fielen mehr als 70.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen in Deutschland zum Opfer, den Krankenmorden in der NS-Zeit europaweit über 200.000 Menschen. Darüber hinaus wurden ungefähr 400.000 Menschen zwangssterilisiert. Benannt wurde die Aktion nach der Adresse der Planungszentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4. Hitler ließ sechs Vergasungsstätten für den Massenmord errichten.
Bremens Landesbehindertenbeauftragter Arne Frankenstein betonte angesichts der gerade enthüllten Deportations-Pläne der Rechtsextremen die auch aktuell große Bedeutung des Bühnenstückes. Es sei ein klares Signal für die Menschenrechte und gegen Menschenfeinde. Frankenstein appellierte: „Es ist an uns, sich den Ideen rechtsextremer Politiker wie Björn Höcke entgegenzustellen.“
Die Inszenierung behandele die Frage, wie das Verbrechen an psychisch erkrankten, geistig und körperlich behinderten sowie „rassisch“ und sozial unerwünschten Personen aus einer Position der Betroffenheit heraus dargestellt werden könne, hieß es. Es sei eine Geschichte, die selten erzählt werde, sagte Regisseur David Stöhr. Die Inszenierung ermögliche eine Auseinandersetzung mit dem Thema, „ohne komplett vom Grauen überwältigt zu werden“.
Neele Buchholz ist eigenen Angaben zufolge die einzige hauptberuflich frei arbeitende Künstlerin mit Trisomie 21 in Bremen. Sie ist als Schauspielerin und als Tänzerin aktiv und lebt seit 2019 in einer inklusiven Wohngemeinschaft. Sie freue sich auf das Gastspiel in ihrer Heimatstadt, sagte die Darstellerin und ergänzte: „Ich bin aufgeregt.“
Bis Sonntag (28. Januar) sind drei Aufführungen geplant, die unter anderem in Kooperation mit dem Bremer Landesbehindertenbeauftragten organisiert werden und ausverkauft sind. Hintergrund der Bremer Termine ist der Tag des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus am Sonnabend.