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Doku im Ersten zeigt erschütternden Zustand deutscher Flüsse

Rund 500.000 Kilometer Fließgewässer gibt es in Deutschland – mit dem Zustand unserer Bäche und Flüsse befasst sich eine ARD-Dokumentation und liefert einen alarmierenden Zustandsbericht.

Ein Gewässer, das friedlich vor sich hinfließt: Harmonie und Gleichklang. Rund 500.000 Kilometer Fließgewässer gibt es in Deutschland – aber Idylle herrscht bei den Bächen und Flüssen eher nicht. Die ARD-Dokumentation “Unsere Flüsse – Wie retten wir Deutschlands Lebensadern?” aus der Reihe “ARD Story” liefert zu später Stunde am 21. Oktober einen alarmierenden Zustandsbericht.

Zu den großen Fließgewässern zählen der Rhein (865 Kilometer) und die Elbe (727 Kilometer). Gesine Enwaldt und Melanie Stucke haben sich filmisch schon häufiger mit Umwelt- und Landwirtschaftsthemen beschäftigt. Das Berliner Journalisten-Duo hat das große Fischsterben in der Oder vor zwei Jahren sehr erschüttert – so entstand die Idee, den Zustand deutscher Fließgewässer genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die Vorbereitungen und Planungen für Dokumentationen dieser Art sind laut Enwaldt sehr aufwendig. Im Team ist Stucke tief in die Recherchen zu Risiken und Bedrohungen eingestiegen, während Enwaldt mit dem Team zum Drehen unterwegs ist; im Schnitt gestalten beide dann gemeinsam den Film.

Die federführend vom Südwestrundfunk (SWR) produzierte Dokumentation liefert einen aktuellen Zustandsbericht. Eigentlich sollten die Gewässer wieder natürlicher sein, doch viele Bäche und Flüsse sind durch Industrie und Landwirtschaft belastet und für die Schifffahrt verbaut.

Um die gesellschaftliche Wahrnehmung in der Doku abbilden zu können, rief die ARD zur Mitmach-Aktion #UnsereFlüsse auf. Rund 2.700 Kinder und Erwachsene checkten bundesweit Bäche quasi vor der Haustür – und schickten ihre Fotos und Beobachtungen an den Sender.

Diesen Meldungen aus dem Publikum gehen die Autorinnen nach. Sie wollen herausfinden, warum so viele Fische sterben und Tierarten bedroht sind. “Da wir von der Isar bis zur Schlei, vom Landwehrkanal bis zur Emscher an den unterschiedlichsten Flussläufen waren, sind wir für dieses Projekt weit mehr unterwegs gewesen als sonst”, sagt Enwaldt im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Zudem wurden Hintergrundgespräche mit Forschenden wie Fischereibiologe Andreas Maday geführt; auch Anglervereine und Bürgerinitiativen, Vorstandssprecher von Unternehmen und Konzernen wurden für den Film befragt. Besonders beunruhigend war für die Doku-Filmerinnen die Belastung der Gewässer durch sogenannte PFAS. Das sind Per- und polyfluorierte Chemikalien, die wasser-, fett- und schmutzabweisend sind sowie chemisch und thermisch sehr stabil. Man spricht auch von “Ewigkeitschemikalien”, die in vielen Verbrauchsprodukten wie Kosmetika und Textilien eingesetzt werden. “Diese Stoffe wurden mittlerweile in unserem Blut, in Muttermilch, in Antarktis-Pinguinen gefunden”, sagt Enwaldt.

Berührend sind Schilderungen von Menschen, die ein plötzliches Fischsterben miterleben mussten, ohne etwas dagegen tun zu können. Hans Peter Wennholz und Ralf Behrens vom Angelverein Badenstedt-Bademühlen (bei Bremen) sprechen von nie da gewesenen Schaumkronen auf dem Mühlenteich und jeder Menge toter Aale. “Da fühlt man sich richtig, richtig schiet”, sagt Wennholz im Film.

Deutlich zeigt die interessante Dokumentation bundesweit Missstände durch unterschiedliche Belastungen auf. Gegen die Interessen der Chemie-, Pharmaindustrie und Agrarindustrie können Einzelne wenig ausrichten. Trotzdem beleuchtet die Dokumentation auch, was sich ändern muss, damit Leben und Harmonie wieder in die hiesigen Bäche und Flüsse zurückkehren.

Gesine Enwaldt und Melanie Stucke wollen auch Hoffnung machen, denn jede und jeder Einzelne kann sich beispielsweise an Renaturierungsarbeiten beteiligen. “Das ist die gute Nachricht”, betont Enwaldt. “Man kann aktiv werden, wenn man sieht, dass es einem Bach oder Flüsschen in der Nähe nicht gut geht. Wirksam werden heißt auch zu erkennen, dass wir ohne unsere gesunden Lebensadern nicht leben können.” So setzt auch dieser Filmbeitrag ein klares Zeichen für die Lebensadern in Not – und damit für Harmonie und Gleichklang der Natur.