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“Die Wannseekonferenz” – Massenmord als logistisches Problem

Am 27. Januar jährt sich zum 80. Mal die Befreiung des KZs Auschwitz. Passend dazu zeigt das ZDF am Vorabend die packende Doku “Die Wannseekonferenz” über die akribische Planung des Grauens.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Am 20. Januar 1942 trafen in einer Villa am Großen Wannsee in Berlin 15 Mitglieder der NS-Elite zusammen, um die beschlossene Vernichtung der europäischen Juden festzulegen. Unter Vorsitz von Reinhard Heydrich und organisiert von Adolf Eichmann ging es um die Information der verschiedenen Abteilungen des Nazi-Apparats und einen Ausblick auf die Organisation der sogenannten “Endlösung”.

Da der Ablauf der rund anderthalbstündigen Konferenz per Protokoll festgehalten wurde, ist es möglich, die einzelnen Redebeiträge der Teilnehmer präzise zu rekonstruieren und als Dokument des entmenschlichten NS-Systems festzuhalten: Gestritten wurde nicht über moralische Fragen angesichts des Plans, 11 Millionen europäische Juden zu ermorden, sondern nur über logistische Aspekte, die Zuständigkeit, den geforderten Vorrang bestimmter Abteilungen oder Gebiete vor anderen. Außerdem ging es um gekränkte Eitelkeit und die Sorge, vor vollendete Beschlüsse gestellt zu werden.

Bereits zweimal war die “Wannseekonferenz” zuvor Gegenstand gleichlautender Filme: Heinz Schirk rekonstruierte sie 1984 für die ARD, in den USA entstand 2001 eine Version für den Sender HBO. Auch die Neuverfilmung von Matti Geschonneck von 2022 folgt den Vorgaben dieser Vorgänger und stellt das nur rund anderthalb Stunden dauernde Treffen nahezu in Echtzeit nach, frei von inszenatorischen Schnörkeln und mit hochkarätiger Besetzung (Philipp Hochmair, Johannes Allmayer, Godehard Giese und Thomas Loibl).

Durch seine nüchterne Machart unterstreicht der Film die These von der Banalität des Bösen. Geschichte wurde in nüchterner Atmosphäre von durchschnittlichen Männern geschrieben, die zuvor verschiedene Methoden des Massenmordes ausprobieren ließen und die Erfahrungen bündelten. Sie sind sich vielleicht der Dimension ihres Beschlusses bewusst, halten ihn aber für richtig und notwendig.

Diese Ungeheuerlichkeit und Unmenschlichkeit herausgekitzelt zu haben und es mit dem Wissen zu kombinieren, dass auf die Perversion des Denkens und der Sprache mörderisches Handeln folgt, zeigt die hohe künstlerische Qualität des Films.