Die Landessynodalen haben sich getraut. Am vergangenen Wochenende tagten die 114 Frauen und Männer in der Bartholomäus-Kirche in Berlin-Friedrichshain und stimmten für die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare sowie für das zinslose Darlehen an die Stiftung Garnisonkirche.
Von Amet Bick, Constance Bürger und Sibylle Sterzik (mit epd)
Ab 1. Juli dieses Jahres können sich gleichgeschlechtliche Paare kirchlich trauen lassen – mit Ringtausch in der Kirche und Eintrag in das Kirchenbuch. Die Entscheidung der Landessynode fiel mit überwältigender Mehrheit: Von 105 abgegeben Stimmen befürworteten 91 diesen Schritt. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses klatschten die Synodalen minutenlang. Mitglieder der Evangelischen Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ließen die Sektkorken knallen. „Wir freuen uns über das sehr klare und eindeutige Signal der Synode“, sagte Propst Christian Stäblein. Bei der Diskussion tags zuvor waren nur wenige Gegenstimmen zu hören gewesen. Der Synodale Jürgen Israel kritisierte zudem, dass das Thema in den vergangenen Monaten einen so breiten Raum eingenommen habe. „Ich habe den Eindruck, dass das ständige Behandeln dieses Themas auch bei Gutmeinenden zu Verdruss führte“, sagte er.
Zu dem Beschluss gehört eine Ausnahmeregelung: In begründeten Einzelfällen können Pfarrer und Gemeindekirchenrat die Trauung ablehnen. Dies muss schriftlich gegenüber der Superintendentin, dem Superintendenten begründet werden.
Die EKBO ist nach der Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau (2013) und im Rheinland (2016) die dritte der 20 EKD-Mitgliedskirchen, in der sich gleichgeschlechtliche Paare trauen lassen können. Seit 2002 waren Segnungsgottesdienste in der EKBO möglich. Mehr als 200 gleichgeschlechtliche Paare haben sich kirchlich segnen lassen. Bischof Markus Dröge begrüßte die Entscheidung. Es habe sich gezeigt, so Dröge, dass es richtig war, zunächst einen Beratungsprozess zu beschließen und die Entscheidung erst jetzt zu treffen. Auf der Frühjahrssynode 2015 war die Kirchenleitung beauftragt worden, die kirchlichen Rechtsvorschriften anzupassen und den Diskurs in der EKBO zu suchen. Es folgte ein Konsultationsprozess mit zwölf öffentlichen Abendforen, unter anderen in Niesky, Berlin, Werben, Oranienburg und Fürstenwalde.
Mit etwas weniger enthusiastischem Klatschen begrüßten die Synodalen die Entscheidung über das zinslose Darlehen an die Stiftung Garnisonkirche, mit der der Turm wiederaufgebaut werden soll. Mit einer klaren Zwei-Drittel Mehrheit bewilligte die Landessynode das Darlehen von 3,25 Millionen Euro.
Die Diskussion im Vorfeld war leidenschaftlich. „Dass eine Synode streiten kann und doch beieinander bleibt, haben wir erlebt“, sagte Präses Sigrun Neuwerth. Fragen, ob die Rückzahlung wirklich gesichert sei, ob das Geld nicht für die Jugendarbeit besser eingesetzt und ein zusätzlicher Lernort zur deutschen Geschichte in Potsdam notwendig sei, wurden gestellt. Bei zukünftig zu erwartenden rückläufigen Steuereinnahmen und den Herausforderungen, vor denen Kirche steht, schien manchen die Schwerpunktsetzung „Turmbau“ nicht überzeugend.
Doch die Gegenargumente setzten sich durch. So hieß es, dass Walter Ulbricht, der die Ruine einst sprengen ließ, nicht das letzte Wort haben solle und das Geld durch Mehreinnahmen durch Eintrittsgelder zurückgezahlt werden könne. Vom Haushaltsausschuss der Landessynode wurde die Rückzahlung geprüft. Mit dem Darlehen werde ein Zeichen gesetzt, dass die EKBO die geplante Versöhnungsarbeit unterstütze, sagte Bischof Dröge. Mit dem Synodenbeschluss ist der originalgetreue Wiederaufbau der Garnisonkirche vom Tisch.
Der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs und die Garnisonkirchenstiftung begrüßten die Kreditzusage. „Ich freue mich über das klare Votum“, erklärte Jakobs, der dem Kuratorium der Stiftung angehört. Die Entscheidung sei ein „großartiges Zeichen“, erklärte der Vorsitzende der Fördergesellschaft, Matthias Dombert. Damit werde es möglich, die noch fehlenden Mittel einzuwerben, etwa zwölf Millionen Euro vom Bund, die im Gespräch sind. Für den ersten Bauabschnitt der Garnisonkirche mit einer Gesamtsumme von 26,1 Millionen Euro fehlen insgesamt 7,8 Millionen Euro. Das Darlehen mit 3,25 Millionen und 2,8 Millionen an Spendengeldern sollen die Finanzierungslücke schließen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beabsichtigt 1,5 Millionen Euro als Kredit beizusteuern. Außerdem wurde angeregt, dass die Stiftung Garnisonkirche finanzielle Hilfe beim Kirchenkreis Potsdam beantragen solle.
Das Darlehen der Landeskirche stammt aus den Baurücklagen und soll dem Synodenbeschluss zufolge erst ausgezahlt werden, wenn die Finanzierung des ersten Bauabschnitts gesichert ist. Die Kirchenleitung will sich im Gegenzug für den Millionenkredit im Grundbuch bestätigen lassen, dass das Kirchenschiff nicht ohne Zustimmung der Kirchenleitung gebaut werden darf.
Das Kirchenparlament sprach sich außerdem für die Entsendung des EKD-Friedensbeauftragten Renke Brahms in das Kuratorium der Garnisonkirchenstiftung aus. Die EKD ist dort bislang mit der Vorsitzenden ihrer Synode, Irmgard Schwaetzer, dem EKD-Militärbischof Sigurd Rink und dem EKD-Bevollmächtigten bei Bund und EU, Martin Dutzmann, vertreten.