Im letzten Moment ist der Personalausweis nicht zu finden, das Lieblings-T-Shirt der Tochter bleibt verschollen, und keiner kann den Hamster über die Ferien nehmen: Reisevorbereitungen sind für viele purer Stress. Knapp ein Drittel der Deutschen gerate beim Kofferpacken gewaltig unter Druck, ergab eine Umfrage des Marktforschungsinstituts TNS Emnid schon vor wenigen Jahren. Rund ein Viertel stresst die Frage, wer Haustiere oder Topfpflanzen versorgt.
Zu viel Stress vor dem Urlaub erschöpft
„Kurz vor dem Urlaub schrauben viele Menschen ihren Stresslevel noch einmal hoch“, beobachtet auch Brigitte Zadrobilek, Stresscoach und Wirtschaftstrainerin aus der Nähe von Wien. Viele Berufstätige erhöhten dann das Tempo, verzichteten auf Pausen und schliefen weniger, um die Vorbereitungen im Job und zu Hause stemmen zu können.
Ist es dann endlich geschafft und der Urlaub beginnt, ist die Erschöpfung auf dem Höhepunkt. „Das ist der Grund, warum manche Menschen im Urlaub erst einmal krank werden“, sagt Zadrobilek.
Durch gute Planung lasse sich der Stress jedoch deutlich reduzieren, sagt Elke Wieczorek, Bundesgeschäftsführerin des DHB Netzwerk Haushalt. „Zwei bis drei Wochen vor der Abreise sollte man sich Listen anlegen, was noch alles zu erledigen ist.“ Dabei empfehle es sich, unterschiedliche Listen zu führen, etwa für Bekleidung, für alles rund ums Haus oder für Reisedokumente und Policen. „Immer, wenn einem etwas einfällt, kann man es dann sofort aufschreiben.“ Mittlerweile gibt es eine Reihe von Apps, die beim Kofferpacken helfen, wie Pack The Bag oder PackPoint. Auch im Internet findet sich ein großes Angebot von Packlisten, die eine erste Orientierung geben können.
Der Pädagoge und Coach Bernhard Juchniewicz aus Heiligenhaus bei Düsseldorf empfiehlt, sich in der Woche vor der Abreise gezielt jeden Tag einen Zeitraum für die Urlaubsvorbereitungen zu reservieren. Das Gleiche sollte man auch am Arbeitsplatz tun, sagt Zadrobilek. Eine To-Do-Liste helfe, die Übergabe an Kollegen zu organisieren. Es lohne sich, dafür einmal ein wenig Aufwand zu betreiben. „Die Liste kann man immer wieder nutzen und muss nicht jedes Jahr das Rad neu erfinden.“
Zadrobilek warnt davor, im Job zu perfektionistisch zu sein und alles für die Zeit der Abwesenheit bis ins kleinste Detail planen zu wollen. „So genau kann man es gar nicht vorbereiten, dass die Kollegen nicht doch einmal suchen müssen.“ Stattdessen sei es besser, auch einmal den Mut zum Delegieren zu haben.
Auch zu Hause müsse nicht einer alles für die ganze Familie machen, sagt Wieczorek. Kinder könnten ihre Sachen auch selbst zurechtlegen, Aufgaben rechtzeitig verteilt werden. Zwei Wochen vor Reiseantritt könne man damit beginnen, Kleidung für den Urlaub nach und nach beiseitezulegen, zumindest die Sachen, die man nicht mehr unbedingt braucht.
Viele Menschen geraten während der Reise in Panik, weil sie sich fragen, ob sie den Herd ausgeschaltet oder die Fenster alle geschlossen haben. Wieczorek rät daher, auch eine Checkliste für den Haushalt zu machen. „Dazu gehört auch, die Zuleitungen zur Waschmaschine abzudrehen oder den Kühlschrank zu leeren, so dass nichts schimmeln kann.“
Hilfreich sei ein Zeitplan, sagt Zadrobilek. Zu den langfristigen Vorbereitungen gehöre es zum Beispiel, einen Auftrag für die Postlagerung zu stellen oder einen Nachbarn zu finden, der die Blumen gießt. Andere Dinge hätten Zeit bis kurz vor der Abfahrt, wie das Starten einer Zeitschaltuhr zu Abschreckung von Einbrechern.
Generell lohnt es sich – im Job wie zu Hause – zu fragen: Muss wirklich alles vorher erledigt werden? Der Großputz oder die Jahresterminplanung haben vielleicht auch noch Zeit bis nach den Ferien.
Jeweils einen Tag zum Ankommen einplanen
Zadrobilek empfiehlt, lieber rechtzeitig die Weichen auf Erholung zu stellen: „Es ist besser, mindestens einen Tag vor dem Urlaub freizunehmen.“ Wichtig sei, schon vor der Abreise mit der Entschleunigung zu beginnen.
Damit die Fahrt in die Ferien auch tatsächlich erholsam wird, rät die Anti-Stress-Trainerin, sich nicht von Anfang an schon zu viel vorzunehmen. „Viele Menschen wollen viel zu viel in ihren Urlaub hineinpacken.“ Am Ende sollte dann mindestens auch ein Tag reserviert sein, um wieder anzukommen und auszupacken.
Coach Juchniewicz rät, einen Ausgleich zur Hektik des Alltags zu schaffen und Handy und soziale Medien einmal abzuschalten. „Sonst braucht man hinterher Urlaub vom Urlaub.“
Internet: Emnid-Studie:www.holidayextras.de/images/de-hx/pdf/pm160712.pdf; www.stresscoach.at; www.academy-eca-sozietaet.com; www.dhb-netzwerk-haushalt.de.