Die Bundesregierung setzt auch auf gezielte Absprachen mit anderen Staaten, um Fachkräfte zu gewinnen und Abschiebungen zu forcieren. Nun steht eine Vereinbarung mit Kenia. Schon in wenigen Tagen soll die nächste folgen.
Deutschland und Kenia wollen in Migrationsfragen zusammenarbeiten. Dazu haben Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Kenias Außenminister Musalia Mudavadi am Freitag in Berlin ein Abkommen unterzeichnet. Dadurch sollen mehr Fachkräfte aus dem ostafrikanischen Land nach Deutschland kommen und zugleich mehr abgelehnte Asylbewerber nach Kenia abgeschoben werden. Die Unterzeichnung erfolgte im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem kenianischen Präsidenten William Samoei Ruto bei dessen Besuch im Kanzleramt.
Scholz sagte nach der Unterzeichnung vor Journalisten, es handele sich um “ein ganz wichtiges Abkommen”. Es schaffe Perspektiven für junge Kenianer, die beispielsweise eine Ausbildung in Deutschland absolvieren könnten. Auch würde die Möglichkeit schaffen, dass Menschen ohne Bleibeperspektive “einfacher und schneller zurück in ihre Heimat gelangen”.
Ruto sprach ebenfalls von einem Erfolg. “Es ist eine Win-win-Situation”, betonte er. So könne das große Humankapital Kenias genutzt werden. Junge Kenianer seien kreativ und voller Energie. Dass es zu einem Braindrain – einer Abwanderung von hoch qualifiziertem und für den eigenen Arbeitsmarkt wichtigem Personal – komme, sei nicht zu befürchten.
Der Begriff Abschiebung wurde bei der Pressekonferenz indes nicht konkret genannt. Nach Informationen des Innenministeriums hat Kenia als erstes Land südlich der Sahara einer Identifizierung von Ausreisepflichtigen mittels biometrischem Datenabgleich zugestimmt. Außerdem sollen auch abgelaufene Pässe und Ausweise als Reisedokumente akzeptiert werden, um Rückführungen zu ermöglichen.
Die Verhandlungen für das Abkommen hatten zunächst in Berlin und dann im Mai in Nairobi stattgefunden. “Wir sind entschlossen, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, die kenianischen Fachkräften sichere und geordnete Migration ermöglichen”, erläuterte Shadrack Mwadime, Kenias Staatssekretär für Arbeit und berufliche Entwicklung.
Für den 27. September ist nun eine Jobmesse in Kenias Hauptstadt Nairobi angekündigt. Sie soll über das Abkommen und Möglichkeiten für die Arbeit in Deutschland informieren. Für Dezember ist dort zudem ein Wirtschaftsgipfel geplant.
Offiziell lebten Ende 2023 knapp 14.500 Menschen kenianischer Herkunft in Deutschland. Als Asylsuchende spielen sie jedoch kaum eine Rolle. Im vergangenen Jahr wurden nur 459 Anträge von Kenianern gestellt.
Kenia gilt als Wirtschaftsmotor Ostafrikas. Ziel der Regierung ist es, bis 2030 ein Land mittleren Einkommens zu werden. Kenia hat eine Bevölkerung von knapp 58 Millionen. Das Durchschnittsalter liegt bei gut 21 Jahren. Laut kenianischem Arbeitnehmerverband liegt die Arbeitslosigkeit bei 12,7 Prozent, die Arbeitslosenquote der 15- bis 34-Jährigen aber bei 67 Prozent. Jährlich drängen mehr als eine Million junge Menschen ohne berufliche Qualifikation sowie Schulabbrecher auf den Arbeitsmarkt.
Wegen gestiegener Lebenshaltungskosten und geplanter Steuererhöhungen kam es im Juni und Juli zu landesweiten Protesten von überwiegend jungen Menschen. Verschiedenen Quellen zufolge kamen mindestens 50 Personen ums Leben. Ruto musste in der Folge seine Regierung umbesetzen. Rücktrittsforderungen der Demonstranten gab er aber nicht nach.
Die Bundesregierung sieht derweil im Abschluss internationaler Abkommen ein wichtiges Mittel zur Steuerung der Migration. Mit Indien und Georgien bestehen bereits entsprechende Vereinbarungen. Mit Marokko wurde zu Beginn des Jahres eine Partnerschaft begonnen. Auch mit Kolumbien gibt es eine erste Verabredung. Bei einem Besuch von Scholz in Usbekistan am Sonntag und Montag soll laut Medienberichten ein weiteres Migrationsabkommen unterzeichnet werden.