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Deutscher Presserat spricht 15 Rügen aus – Kritik an bild.de

Rügen sind die schärfste Sanktion, die der Deutsche Presserat aussprechen kann. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Print- und Onlinemedien hatte diesmal besonders ein Portal im Visier.

Der Deutsche Presserat hat auf seiner jüngsten Sitzung 15 Rügen wegen Verstößen gegen Sorgfaltspflichten und Opferschutz ausgesprochen. Davon gingen 6 Rügen an bild.de, wie die Freiwillige Selbstkontrolle der Print- und Onlinemedien am Freitag in Berlin mitteilte. So erhielt bild.de unter anderem eine Rüge wegen seiner Berichterstattung zu einem Suizid. Das Portal hatte über einen Manager berichtet, der sich das Leben genommen hatte. Unter der Überschrift “An dieser Eiche endete der Streit ums Sorgerecht” zeigte die Redaktion ein Foto des Verstorbenen, zitierte aus dessen Abschiedsbrief und beschrieb nähere Umstände des Suizids.

Eine weitere Rüge erhielt bild.de wegen eines schweren Verstoßes gegen das Wahrhaftigkeitsgebot des Pressekodex. Unter der Überschrift “Wie gefährlich war Ricarda Langs Taxifahrt?” hatte die Redaktion die ehemalige Grünen-Chefin und ihren Ehemann in einem Taxi gezeigt, dessen Fahrer ein grün-weiß gemustertes Tuch auf dem Kopf trägt.

Dazu hieß es, es handele sich um ein “Palästinensertuch”, ein “Erkennungszeichen der Israel-Feinde”. Die Redaktion habe keine tatsächlichen Anhaltspunkte für ein Risiko geliefert, so der Presserat. Sie habe es zudem versäumt, den Taxifahrer mit dem Vorwurf zu konfrontieren. Weil der Mann zudem auf dem Foto deutlich zu erkennen war, wurde bild.de auch eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes des Taxifahrers zugeschrieben.

Rügen sind die schärfste Sanktion, die der Presserat aussprechen kann. Im Fall einer sogenannten öffentlichen Rüge ist diese von der Redaktion in einer ihrer nächsten Ausgaben zu veröffentlichen. Das trifft auf alle Rügen zu, die gegen bild.de ausgesprochen wurden.

Weitere öffentliche Rügen sprach der Presserat gegen mehrere Medien wegen unangemessener Berichterstattung über sexuellen Missbrauch aus. So erhielt der “Soester Anzeiger” eine Rüge für die detaillierte Beschreibung eines mutmaßlichen Falls von sexuellem Missbrauch, der Gegenstand eines Strafprozesses war. Die Redaktion gab die Zeugenaussage eines der mutmaßlichen Opfer mit Einzelheiten zu den vorgeworfenen Missbrauchshandlungen wieder. Zudem enthielt der Beitrag zahlreiche Informationen über die Familie, was laut Deutschem Presserat laut insbesondere die Opfer in ihrem Persönlichkeitsschutz verletzte.

Auch die “Nordwest-Zeitung” veröffentlichte nach Auffassung des Presserats eine unangemessen detaillierte Beschreibung eines mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs in einer Familie. Die Darstellung der näheren Umstände der Missbrauchstaten sei nicht von öffentlichem Interesse, sondern unangemessen sensationell gewesen und habe den Persönlichkeitsschutz des Opfers verletzt.

Die Nachrichtenagentur AFP erhielt eine Rüge für einen Bericht über ein Ranking von Luftverkehrsunternehmen, das verschiedenen Fluglinien erhebliche Mängel bei Zuverlässigkeit und Servicequalität attestierte. Der Beitrag beruhte auf einer Erhebung eines Unternehmens, das Fluggastrechte gegen Airlines durchsetzt. Der Grund für die Rüge: Angaben zu Repräsentativität, Anzahl der Befragten, Erhebungszeitraum sowie dem Umstand, dass es sich bei den Befragten um Kundinnen und Kunden des Fluggastrechte-Portals handelte, lagen der Redaktion vor, wurden in der Agenturmeldung aber nicht veröffentlicht.

Die einzige nicht-öffentliche Rüge in der jüngsten Sitzung des Presserates ging an einen freien Journalisten wegen unlauterer Recherchemethoden. Der Journalist habe über einen Mann recherchiert, der eine mehrjährige Haftstrafe wegen Betrugs verbüßt hatte. Um herauszufinden, ob der Mann wieder kriminell geworden war, habe der Journalist unter falschem Namen und mit einem gefälschten Social-Media-Profil Kontakt zu dem Betroffenen aufgenommen. Ein weiterer Vorwurf: Gegenüber der Anwältin des Mannes gab sich der Journalist den Angaben zufolge als Mandant aus, um schneller an einen Termin zu kommen, eröffnete dieser im Termin jedoch den tatsächlichen Grund für das Treffen.

Laut Pressekodex sind unwahre Angaben über die Identität des Recherchierenden jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn damit Informationen von besonderem öffentlichem Interesse beschafft werden, die auf andere Weise nicht zugänglich sind, so der Presserat. Dies sah der zuständige Ausschuss im konkreten Fall als nicht gegeben an.