Bald ist es so weit: Ab dem 1. November, wenn der Vertrag von Karola Wille beim MDR endet, wird Tom Buhrow nicht nur der bestbezahlte, sondern auch der dienstälteste Intendant der ARD sein. Zuvor gibt es allerdings noch einen persönlichen Anlass zum Feiern. Am 29. September wird Buhrow, der seit Juli 2013 die Geschicke des Westdeutschen Rundfunks (WDR) in Köln lenkt, 65 Jahre alt. „Ich wünsche mir, dass es uns in dieser Zeit der Krisen und Unsicherheiten gelingt, uns in der Gesellschaft wieder mehr als Gemeinschaft zu empfinden“, sagte Buhrow dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Menschen verbinden – das bleibt auch im neuen Lebensjahr mein Anliegen.“
Der gelernte Journalist, 1958 in Troisdorf bei Köln geboren, ist ein treues Eigengewächs des WDR. Nach dem Volontariat arbeitete er als Redakteur und später als Reporter und Chef vom Dienst beim Regionalmagazin „Aktuelle Stunde“. 1992 schickte ihn sein Sender in die „Tagesschau“-Redaktion, kurz darauf als Korrespondent nach Washington. Dort blieb er, abgesehen vom Pariser Zwischenspiel (2000-2002), bis er im Jahr 2006 die Nachfolge von Ulrich Wickert bei den „Tagesthemen“ antrat, ebenfalls auf dem WDR-Ticket.
Als Intendant trieb er den Umbau des Senders voran, baute die traditionell nach Hörfunk und Fernsehen getrennten Programm-Bereiche zu einer crossmedial ausgerichteten Struktur um. Gleichzeitig verordnete er dem Sender einen Sparkurs. Die Zahl der besetzten Planstellen sank laut Geschäftsbericht von 4.321,7 (2013) auf 3.734,5 (2022). Betroffen waren nicht nur Produktion und Verwaltung, auch die beiden Programmdirektionen mussten in Buhrows Amtszeit einen Stellenabbau von knapp neun Prozent hinnehmen. Mit Aufwendungen in Höhe von 1,56 Milliarden Euro im vergangenen Jahr ist der aus Rundfunkbeiträgen finanzierte WDR die größte Anstalt in der ARD.
In seiner zweiten Amtszeit war Buhrow vor allem als Krisenmanager gefordert – erst einmal im eigenen Haus, denn kurz nach seiner Wiederwahl wurden im Frühjahr 2018 Fälle von sexueller Belästigung und Machtmissbrauch bekannt. Buhrow bestellte ein Gutachten bei der ehemaligen Gewerkschaftschefin Monika Wulf-Mathies, die dem Sender Defizite bei der Aufklärung und eine fehlende Kultur gegenseitiger Wertschätzung bescheinigte. Der anschließend eingeleitete „Kulturwandel“-Prozess wurde von WDR-Verwaltungschefin Katrin Vernau geleitet, die vier Jahre später als Interims-Intendantin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) einsprang.
Buhrow selbst übernahm im August 2022 zum zweiten Mal den ARD-Vorsitz und löste damit Patricia Schlesinger ab, die nach Vorwürfen wegen Vetternwirtschaft und unbotmäßiger Ausgaben als RBB-Intendantin und ARD-Vorsitzende zurückgetreten war. Die Affäre setzte das öffentlich-rechtliche System, das mitten in einem von der Politik geforderten Reformprozess steckt, zusätzlich unter Druck. In einer viel beachteten Rede im November im Hamburger Übersee-Club mahnte Buhrow einen „neuen Gesellschaftsvertrag“ für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an und schlug einen Runden Tisch als eine „Art verfassunggebende Versammlung vor“. Allerdings betonte der WDR-Intendant, dass er nicht als ARD-Vorsitzender spreche.
Buhrow wurde für Reformbereitschaft und Mut gelobt. Kritiker warfen ihm dagegen vor, selbst keine Vorschläge für eine Reform unterbreitet und dies auch in den eigenen Zeiten als ARD-Vorsitzender versäumt zu haben. Anfang 2023 übernahm SWR-Intendant Kai Gniffke den ARD-Vorsitz.
Auf die Frage, was er bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit im Sommer 2025 noch erreichen wolle, ließ Buhrow durch eine Sprecherin des WDR mitteilen: Das Allerwichtigste seien die Rahmenbedingungen für die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die anstehenden Anregungen des Zukunftsrats konstruktiv zu begleiten, werde eine spannende Aufgabe sein.