Der Duft von frisch gebackenem Brot zieht vom Nachbarschaftstreff Uthmannstraße 13 zu den umliegenden Häusern. Auf der Terrasse bereitet eine jezidische Familie Fladenbrote in einem „Tanoor-Ofen“ zu, als Basis für ein gemeinsames Mahl von etwa 30 Teilnehmenden des Projekts „Über den Tellerrand“.
„Essen verbindet.“ Diese Erfahrung macht Stadtteilkoordinatorin Sonja Frisch vom DiakonieVerband Brackwede immer wieder, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen. Etwa bei den „interkulturellen Kochabenden“, die bereits seit 2017 monatlich angeboten werden.
Fladenbrot bringt den Geschmack der Heimat
Fladenbrot kommt fast immer auf den Tisch. Es ist mehr als eine Sättigungsbeilage, denn es bringt für viele geflüchtete Menschen gute Erinnerungen und den Geschmack der Heimat nach Ostwestfalen. Der DiakonieVerband hat deshalb im September 2022 einen gasbetriebenen Tanoor-Ofen angeschafft, mit finanzieller Unterstützung durch die Stadt Bielefeld. Anschließend entstand ein zusätzliches Food-Event, das „Irakisches-Tanoorbrot-Backen“. Es findet jeweils am letzten Samstag im Monat von 16 bis 19 Uhr statt.
An diesem Nachmittag kommen vor allem Speisen aus dem Irak und dem Libanon auf den Tisch. Dolma (mit Reis, Fleisch oder Gemüse gefüllte Wein- oder Mangoldblätter), irakische Suppen wie Lablabi (eine arabische Kichererbsensuppe) und vieles mehr. Dazu gibt es Chai-Tee und Wasser mit Zitrone und Minze.
Kojar Faris Lawend hat die Teigfladen geformt. „In einem anderen Leben“, vor der Flucht aus dem Irak vor dem Islamischen Staat, bereitete die 73-Jährige in ihrer Heimatstadt Shingal häufig Essen für bis zu 1.000 Gäste auf Hochzeiten oder Trauerfeiern zu. Hier in Brackwede assistieren ihr ihre erwachsenen Kinder.
Austausch so wichtig wie das gemeinsame Essen
„Wenn später alle zusammen an der langen Tafel im Nachbarschaftstreff Uthmannstraße sitzen und ein gemeinsam zubereitetes Menü aus Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise genießen, dann macht das etwas mit den Menschen“, sagt Sonja Frisch. „Sie zeigen eine gegenseitige Wertschätzung, die im Alltag oft fehlt. Nebenbei werden beispielsweise Fluchterfahrungen und andere Probleme angesprochen, die völlig Fremde einander normalerweise wahrscheinlich erst einmal nicht anvertrauen würden. Auch das verbindet.“ Da ist zum Beispiel Rezan Khaleel Jadaan: „Aus meiner Familie sind 15 Personen gestorben, darunter die Großmutter“, erinnert sich der 34-jährige Jezide und blickt für einen kurzen Moment ins Leere. „Das kann man nicht vergessen.“
Wer mag, kann zum Format „über den Tellerrand“ selbst Gerichte beisteuern. Bei gemeinsamen Ausflügen lockt „Über den Tellerrand“ zudem hinaus in die Natur. Dorthin, wo schmackhafte Kräuter und Früchte wachsen und geerntet werden dürfen. Und bei der anschließenden Verwertung im Nachbarschaftstreff Uthmannstraße erfahren die Beteiligten, was sich alles daraus zaubern lässt.
Der nächste Termin ist die Apfelernte im September 2023. Der genaue Tag wird noch bekanntgegeben. Treff ist auf jeden Fall um 12 Uhr an der Steinhagener Straße 29 in 33649 Bielefeld.
Die Veranstaltungen sind kostenlos. Allerdings ist die Zahl der Teilnehmenden je nach Veranstaltungsformat auf rund 30 Personen begrenzt.
• Infos und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es bei der Stadtteilkoordinatorin Sonja Frisch per E-Mail (sonja.frisch@diakonie-bielefeld.de) oder per Telefon: 0521-94239120.