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Den Tod vor Augen und dennoch hoffnungsvoll

UK 52-1/2016-2017, Zeit „zwischen den Jahren“ (Seite 15: „Nicht mehr gestern und noch nicht morgen“)
Dietrich Bonhoeffer hat kein „berühmtes Neujahrslied“ gedichtet. Er schrieb „Von guten Mächten“ im Dezember 1944 nicht etwa als Lied, auch nicht als Gedicht, sondern als Gebet im Keller des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin, wo er schon 21 Monate in Einzelhaft saß.
Es war sein Innerstes, das er zum Neujahrstag seiner Braut und seiner Familie anvertraute, die Möglichkeit seines Todes vor Augen, aber durchaus noch hoffnungsvoll. Dietrich Bonhoeffer legte mit diesen Zeilen sein Schicksal in Gottes Hand.
Welche Melodie man bevorzugt, ist letzten Endes Geschmacksache. Als völlig geschmacklos empfinde ich den Missbrauch der letzten Zeilen, die ja das Fazit der vorhergehenden Gedanken sind, als Refrain. Insofern kommt für mich von den Melodien im Evangelischen Gesangbuch nur eine in Frage, die von Otto Abel – die übrigens auch von Bonhoeffers engstem Freund Eberhard Bethge autorisiert wurde.
„Berühmt“ wurde das Gebet nicht nur für den Jahresanfang erst durch die andere Melodie, die mir im Hals stecken bliebe, wenn ich denn versuchen würde, sie mitzusingen (ich tu es aber nicht).
Beate Ullrich, Arnsberg-Hüsten