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Deckname Moses

Harriet Tubman führte Hunderte von Sklaven über den „Underground Railway“ aus den amerikanischen Südstaaten in den Norden und damit in die Freiheit. Präsident Trump will die bekannte Persönlichkeit dennoch nicht auf einer Dollar-Note sehen.

Dieser Artikel hat beim Schreiben eine neue Wendung bekommen.
UK wollte an eine Frau erinnern, die vor mehr als 100 Jahren Beeindruckendes geleistet hat. Harriet Tubman. 1849 gelang ihr die Flucht aus der Sklaverei, und danach verhalf sie unter großen Gefahren vielen anderen Menschen aus den Südstaaten der USA in die Freiheit. Ihre Geschichte soll hier erzählt werden. In Amerika war geplant, dass ab diesem Jahr der 20-Dollar-Schein ein Porträt von Harriet Tubman zeigt. Eine bedeutende Entscheidung. Dann die Überraschung bei der Recherche: Die Ehrung auf der Währung wurde verschoben. Donald Trump verhindert die Würdigung der schwarzen Freiheitskämpferin. Hier die ganze Geschichte:

Gegen 14 Kandidatinnen durchgesetzt

Vor knapp vier Jahren verkündete der amerikanische Finanzminister Jack Lew: Zum ersten Mal soll mit Harriet Tubman eine Schwarze auf der 20-Dollar-Note abgebildet werden. Damit wäre überhaupt zum ersten Mal eine Frau auf der Vorderseite eines Dollar-Scheins zu sehen. Zuvor gab es eine Online-Umfrage in den USA, bei der Tubman sich gegen vierzehn andere prominente Kandidatinnen durchgesetzt hatte, darunter auch die frühere First Lady Eleanor Roosevelt. Eine starke Entscheidung, so empfanden es viele Amerikanerinnen und Amerikaner. Anders als in Deutschland, zählt die Freiheitskämpferin dort bis heute zu den bekanntesten Persönlichkeiten der US-Geschichte. Gerade Afro-Amerikanern galt sie als Vorbild im Kampf um die Bürgerrechte. Dutzende von Schulen tragen ihren Namen, Museen erinnern an ihre Lebensgeschichte. 1944 wurde ein Frachter der US-Marine auf ihren Namen getauft, es gibt Briefmarken, Filme und Lieder. In den Kalendern verschiedener amerikanischer Kirchen finden sich Gedenktage für Tubman.

Schaut man sich nun allerdings den aktuellen 20-Dollar-Schein an, ist weiterhin Andrew Jackson abgebildet, der siebte US-Präsident. Jackson besaß selbst Sklaven und war zu seiner Zeit als Präsident (1829 bis 1837) dafür verantwortlich, dass Ureinwohner Amerikas aus ihren angestammten Gebieten vertrieben wurden. Tausende Menschen starben dabei an Hunger und Krankheit. Und schon als Offizier hatte er den Angriff auf das sogenannte „Negro Fort“ angeführt, eine Niederlassung früherer Sklaven.

Genau diesen Andrew Jackson möchte Donald Trump aber nun weiter auf der Dollar-Note sehen. Trump bewundert ihn und hat die Entscheidung für Harriet Tubman als „reine politische Korrektheit“ bezeichnet. Schon in seinem Wahlkampf sprach er sich gegen die Änderung des Geldscheins aus. „Andrew Jackson hat eine großartige Geschichte, und ich denke, es wäre ziemlich hart, so jemanden vom diesem Schein zu entfernen.“ Sein Vorschlag: Tubman könne doch auf der Zwei-Dollar-Note verewigt werden, einem Geldschein, der in den USA kaum Verwendung findet. Trump hat ein Portrait von Andrew Jackson in seinem Büro aufgehängt und beschreibt ihn als „Volkshelden“ wie er selbst einer sei. Schon zu Beginn seiner Amtszeit hat Trump an dessen Grab einen Kranz niedergelegt und erklärt: „Während der Revolution hat Jackson sich gegen eine arrogante Elite gewehrt. Kommt Ihnen das bekannt vor?“

Und so gab es kürzlich eine neue Botschaft aus dem Finanzministerium: Die Ausgabe der 20-Dollar-Noten mit dem Porträt von Harriet Tubman wird verschoben. Auf das Jahr 2028. Man brauche Zeit, um den Schein noch fälschungssicherer zu gestalten.

Ob dafür acht Jahre nötig sind, sei dahingestellt. Wahrscheinlicher ist eine Theorie, die auch die großen Zeitungen in den USA vertreten: Bevor Trump den Abdruck von Tubmans Bild komplett verhindert, wählt das Ministerium einen Termin, der nach einer zweiten Amtszeit Trumps liegt – um das Projekt insgesamt nicht zu gefährden. Dazu kommentierte etwa die Washington Post: „Symbole bedeuten etwas.“ Dass man jetzt bei der Frage des 20-Dollar-Scheins zurückrudert, zeige besonders „schwarzen Frauen und Mädchen, dass sie nicht wichtig seien und nie waren“. Damit mache Trump ein weiteres Mal deutlich, dass er nie wirklich angestrebt habe, Präsident aller Amerikaner zu sein.

Als Harriet Tubman aus der Sklaverei floh, war sie Ende zwanzig, geboren auf einer Plantage im Südstaat Maryland. Nach ihrer Flucht nach Kanada schloss sie sich der „Underground Railway“ an. Diesem Schleusernetzwerk gelang es über verdeckte Reiserouten, Schutzhäuser und verschlüsselte Kommunikation etwa 100 000 Sklavinnen und Sklaven aus den Südstaaten der USA zu befreien.

Vorkämpferin für das Frauenwahlrecht

Tubman hatte sich selbst den Decknamen „Moses“ gegeben und persönlich wohl mindestens 300 Menschen gerettet. Später wurde sie noch zu einer Vorkämpferin für das Frauenwahlrecht, bevor sie 1913 in New York starb.

Äußerlich war Harriet Tubman eine kleine Frau, die ihr Leben lang an einer frühen Kopfverletzung litt. Auch konnte sie weder lesen noch schreiben und war ohne Ausbildung. Aber all das machte sie durch Tatkraft und Intelligenz wett. „Ich war frei, und sie würden auch frei sein“, so beschrieb Tubman ihre Motivation, nicht im sicheren Norden zu bleiben, sondern immer wieder Menschen den Weg in die Freiheit zu bahnen.