In Bayern gibt es aktuell nur zwei jüdischen Schulen: die in den 1980er Jahren gegründete Sinai-Grundschule und das 2016 eröffnete Helene-Habermann-Gymnasium. Beide Schulen befinden sich in München, sind staatlich anerkannt und stehen Kindern aller Religionen offen. Die Trägerschaft hat die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern inne.
Die Sinai-Grundschule und das Helene-Habermann-Gymnasium sind Privatschulen und können im Rahmen der Gesetze – so wie zum Beispiel auch evangelische oder katholische Schulen – besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Akzente setzen. So bietet das jüdische Gymnasium etwa Neuhebräisch als Fremdsprache an, jüdischen Religionsunterricht und das Fach „Jüdische Literatur und Geschichte“.
„Private Schulen bereichern und ergänzen das Angebot der staatlichen Schulen“, heißt es aus dem Kultusministerium. Das „Lehren um Lernen zum Judentum“ habe eine herausgehobene Bedeutung. Das unterstreicht auch das 2022 vom bayerischen Kabinett beschlossene Gesamtkonzept „Stärkung des jüdischen Lebens und Bekämpfung des Antisemitismus“.
Jüdische Bildung hat in Bayern eine lange Tradition: 1850 gab es 180 jüdische Schulen, vor allem auf dem Land. Dazu zählten Elementar- und Volksschulen. Daneben gab es sogenannte Religionsschulen der Kultusgemeinden, die ausschließlich die jüdische Religion unterrichteten. Die hohe Zahl an Volksschulen erklärt sich dadurch, dass sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur eine begrenzte Zahl jüdischer Bürgerinnen und Bürger in Städten niederlassen durfte. So entstanden viele kleine jüdische Landgemeinden.
Dazu kam die bereits 1802 in Bayern eingeführte Schulpflicht. Bildung lag zu der Zeit traditionell in der Hand der Kirchen. Es entstanden also evangelische und katholische Schulen, die Konfessionen wurden so gut wie nicht gemischt. In logischer Konsequenz wurden auch jüdische Schulen gegründet. Nur in Gemeinden mit einer kleinen jüdischen Bevölkerung konnten Ausnahmen gemacht werden.
Jüdische Kinder durften dann zwar die christliche Schule im Ort besuchen. Ihren Religionsunterricht erhielten sie allerdings im Rahmen einer Religionsschule der Kultusgemeinde. Als 1872 die jüdischen Bürgerinnen und Bürger das volle Bürgerrecht erhielten, zogen viel Juden in die Städte. Die kleinen Landgemeinden starben aus, die Zahl der jüdischen Schulen ging immer weiter zurück.
1924 gab es nur noch 26 jüdische Volksschulen in Bayern. Während der NS-Zeit nahm die Zahl der jüdischen Schulen dann kurzzeitig wieder zu, weil jüdische Kinder keine staatlichen Schulen mehr besuchen durften. Nach der NS-Zeit gab es jahrzehntelang gar keine jüdischen Schulen mehr, weil viele der wenigen überlebende Jüdinnen und Juden Deutschland für immer verließen. (00/30.12.2024)