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Das EU-Mercosur-Abkommen

Seit rund 25 Jahren verhandeln die EU und die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay über ein Freihandelsabkommen. 2019 erzielten beide Seiten eine politische Grundsatzeinigung. Nun haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Mercosur-Länder die Verhandlungen für abgeschlossen erklärt.

Die umstrittene Vereinbarung soll eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 715 Millionen Einwohnern schaffen. Das Handelsvolumen beider Blöcke betrug im vergangenen Jahr rund 110 Milliarden US-Dollar. Dem 1991 gebildeten Mercosur (Mercado Común del Sur – Gemeinsamer Markt des Südens) gehört neben den vier Gründungsstaaten seit Juli auch Bolivien an.

Mit dem Abkommen sollen für rund 91 Prozent aller zwischen der EU und dem Mercosur gehandelten Waren die Zölle abgeschafft werden. Nach Berechnungen der EU-Kommission könnten die europäischen Exporteure dadurch von Einsparungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro pro Jahr profitieren.

Da das Abkommen neben Handelsabsprachen auch politische Vereinbarungen enthält, müsste es eigentlich von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Weil einige europäische Staaten die Vereinbarungen ablehnen, könnte die für die Verhandlungen zuständige EU-Kommission versuchen, den politischen Teil vom Handelsteil abzukoppeln. Der Handelsteil könnte dann per Mehrheitsentscheidung vom Rat der EU-Staaten angenommen werden und müsste nur dem Europäischen Parlament zur Zustimmung vorgelegt werden.

Zu den heftigsten Kritikern gehört Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Seiner Einschätzung nach werden die französischen Landwirte zu wenig vor billigeren Produkten aus Südamerika geschützt. Auch Polen und Italien lehnen die Vereinbarung in ihrer derzeitigen Form ab, und in Österreich, Belgien und den Niederlanden regt sich ebenfalls Widerstand. Auch Bauernverbände in der EU haben mehrfach gegen das Abkommen protestiert.

Bei den Mercosur-Staaten hatte zunächst Argentiniens ultraliberaler Präsident Javier Milei das Freihandelsabkommen generell als zu bürokratisch abgelehnt, zuletzt jedoch seine Meinung geändert. Einen Austritt aus dem Mercosur-Staatenbündnis will er sich für Argentinien aber offenlassen.

Viele zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen sich gegen das Freihandelsabkommen aus. Sie kritisieren mangelnde Umwelt- und Sozialstandards in den südamerikanischen Ländern. So bemängelt Greenpeace fehlende Regulierungen beim Einsatz von Pestiziden, wodurch mehr umwelt- und gesundheitsschädliche Produkte nach Europa importiert und im Gegenzug Giftstoffe in die Mercosur-Staaten exportiert würden. Ende November forderten fast 400 Organisationen den Stopp des Abkommens mit der Begründung, dass es Menschen, Umwelt und demokratische Rechte Konzerninteressen unterordne.

Die Befürworter verweisen darauf, dass die EU-Verbraucherstandards auch für den Handel mit den südamerikanischen Staaten gelten sollen. Zudem will die EU ihren Markt für Rindfleisch, Geflügel oder Zucker aus den Mercosur-Ländern nicht vollständig öffnen, sondern Quoten einführen. Neue Marktchancen erhoffen sich vor allem die Automobilindustrie, der Maschinenbau und die Pharmaindustrie.