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Danke! Für gar nichts …

Wir leben in einer Zeit der Unzufriedenheit. Sich aufzuregen, zu ärgern und lautstark zu klagen ist normal. Und das in einer Gesellschaft, der es besser geht als allen anderen zuvor

„Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag.“ Generationen evangelischer Jugendlicher sind mit diesem Lied aufgewachsen. Heute mag dieses Lied nicht mehr aktuell sein. Vor allem fragt man sich: Danken? Wofür?
Dafür, dass Nordkorea mit der Wasserstoffbombe droht? Dass der amerikanische Präsident seine Bomber losschickt? Dass im neuen Bundestag – Schande über Deutschland – erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder rechtsradikale Positionen gesellschaftsfähig werden? Dass die Vorsorgeuntersuchung eine erschütternde Diagnose ergeben hat? Dass bald acht Milliarden Menschen die Erde bevölkern, und wir nicht annähernd wissen, wie wir die damit verbundenen Probleme in den Griff bekommen?

Es gibt 1000 Gründe, jeden Morgen voller Sorge auf die Welt zu blicken.  Danken also wofür?

Es ist eine komische Sache mit dem Dank. Nie in der Geschichte ging es in Europa, den USA und weiten Teilen der Welt den Menschen so gut wie heute. Krankheit, Hunger, Krieg – immer und zu allen Zeiten war es schlimmer als jetzt für uns.
Trotzdem hadern und fragen wir: Wofür sollen wir danken?

Dank hat damit zu tun, wohin man schaut. Dahin, wo es immer noch besser sein könnte? Es gibt Menschen, die haben Geld, Ansehen, Gesundheit. Und sind zerfressen von der Unzufriedenheit. Und es gibt diejenigen, die in schwerer Krankheit sagen: Ich bin dankbar! Für jeden Atemzug.

Denn das Gegenteil von Dank ist die Klage, die Verbitterung: Mir stünde etwas zu! Die Wahrheit ist: Nichts steht mir zu. Es gibt kein Grundrecht auf Glück. Alles ist Gnade.

Gott gibt. Oder er gibt nicht. Wem? Warum? Man weiß es nicht. Es bleibt sein Geheimnis.

Es gibt Ansätze und Erfahrungen. Wer hart arbeitet und Fähigkeiten entwickelt, macht den Erfolg wahrscheinlicher. Wer gesund lebt, Sport treibt und immer zur Vorsorgeuntersuchung geht, macht das lange Leben wahrscheinlicher. Aber eine Garantie? Die gibt es nicht.

Das Sinnbild dafür ist seit Jahrtausenden der Bauer. Er ackert. Er müht sich von früh bis spät. Die Ernte? Liegt in Gottes Hand.

Glück, Zufriedenheit und Dank. Am Ende entscheidet sich das nicht so sehr an dem, was man erhält. Sondern, wie man es annimmt. Es könnte noch viel besser sein? Oder: Es tat mir gut. Es tut mir gut. Danke dafür.

Wenn man Menschen fragt, wofür sie dankbar sind, sind häufige Antworten: die Familie – sie gibt mir Halt. Mein bester Freund, Freundin – bei ihnen kann ich mich ausweinen. Kann reden, meine Sorgen teilen. Ich muss nicht alleine dastehen, in diesem Wahnsinn, der Welt heißt. Da ist jemand, der mit mir geht, mich begleitet, mich trägt.

Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag. Das Lied geht ja noch weiter: Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag. Denn die Sorgen, die sind da.

Am Sonntag ist Erntedank. Vielleicht ein guter Anlass, einfach mal für sich im Stillen zu überlegen, wem und wofür ich dankbar sein kann.