Hildesheim/Antwerpen (epd). Wissenschaftler aus Hildesheim und Antwerpen haben eine neue Technologie entwickelt, die deutschsprachige Hassbotschaften in sozialen Medien erkennen soll.
Das Computerprogramm sei in der Lage, in Echtzeit hetzerische Wörter und Wortkombinationen in Twitter-Botschaften aufzuspüren, teilte die Universität Hildesheim am Donnerstag mit.
«Die Software lernt selbstständig, Hasskommentare aufzuspüren, und kann auch mit der Tatsache umgehen, dass sich die Sprache des Hasses sehr schnell verändert», sagte der Sprachtechnologe Tom De Smedt von der Universität Antwerpen. «Wir haben unser Programm bereits getestet: In 80 Prozent der Fälle liegt es richtig.»
Nach Angaben der Forscher setzt die Europäische Union Unternehmen wie Twitter, Facebook und Google unter Druck, verstärkt gegen sogenannte «Hate Speech» im Netz vorzugehen. In Deutschland zwinge das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz die sozialen Medien, entsprechende Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu entfernen.
Twitter habe seit 2016 bereits Hunderttausende Profile blockiert, die Hass verbreiten und zu Gewalt aufrufen, hieß es. Allerdings gelte dies hauptsächlich für englischsprachige Profile, während vergleichbare deutsche, französische oder niederländische Tweets häufig unbemerkt blieben.
Das neue Computerprogramm ist Teil eines Projekts, in dem De Smedt und die Hildesheimer Medienlinguistin Sylvia Jaki die politische Kommunikation im Kontext der Bundestagswahl 2017 untersuchen. Um herauszufinden, wie bestimmte Politiker kommunizieren und wie Menschen in den sozialen Medien auf politische Themen reagieren, analysieren sie Polit-Talkshows im deutschen Fernsehen sowie Kommentare in sozialen Medien von Politikern und politischen Parteien beziehungsweise über sie.
Das Rechenprogramm zeigt den beiden Linguisten zufolge, dass sich deutsche Hasskommentare häufig gegen Flüchtlinge aus Afrika, Muslime, Juden und einige andere Bevölkerungsgruppen wie gebrochen Deutsch Sprechende, Obdachlose oder Linksextremisten richten. Typisch seien Ausdrücke der Gewalt wie schlagen, schießen, überfallen, bekämpfen und Widerstand sowie Beschimpfungen wie «Scheißdeutschland». «Um ein besseres Verständnis zu gewinnen, wie politisch motivierte Hassbotschaften in den sozialen Medien aussehen, berücksichtigen wir auch nonverbale Elemente wie Bilder oder Emojis – Twitter-Kommentare sind schließlich nicht rein verbal», sagte Jaki.