Schafft es der Bundestag doch noch, einen rechtlichen Rahmen für die Beihilfe zum Suizid zu verabschieden. Der Bundesjustizminister würde einen neuen Anlauf begrüßen. Derzeit gibt es in dieser heiklen Frage ein Vakuum.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich offen für einen erneuten Anlauf für eine gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe gezeigt. “Ich fände es gut, wenn es zu einem Ergebnis in dieser Legislaturperiode käme”, sagte Buschmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Die Bundesregierung lasse hier aber, wie bei komplizierten medizinethischen Fragen üblich, dem Parlament den Vortritt. Am wichtigsten sei, “dass die Lösung gut ist, denn es geht hier um eines der höchsten Rechtsgüter, nämlich das menschliche Leben”.
Das Bundesverfassungsgericht habe zurecht betont, dass Menschen das Recht haben müssten, selber über ihr Lebensende zu entscheiden. “Gleichzeitig muss verhindert werden, dass Menschen diese Entscheidung vorschnell treffen und dass auf sie Druck ausgeübt werden kann, zu einer solchen Lösung zu greifen”, sagte der FDP-Politiker. Ältere, Kranke oder anders Pflegebedürftige sollten nicht über Suizid nachdenken, weil sie sich als Zumutung für ihre Mitmenschen empfinden oder diesen Eindruck vermittelt bekommen. “Wir brauchen hier eine hinreichend klare gesetzliche Regelung, die Rechtssicherheit für alle Beteiligten bringt”, sagte Buschmann.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt und ein weitreichendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben formuliert. Seitdem dürfen Sterbehilfeorganisationen wieder Suizidbeihilfe anbieten; die Zahl der begleiteten Suizide ist zuletzt deutlich angestiegen.
Karlsruhe hatte aber gleichzeitig ermöglicht, dass der Staat einen rechtlichen Rahmen schafft, der einerseits das Recht auf einen selbstbestimmten Tod ermöglicht. Andererseits soll er aber verhindern, dass alte und schwerst kranke Menschen zum Suizid gedrängt werden, weil die Gesellschaft sie als Last empfindet. Dazu lagen dem Bundestag im Sommer 2023 zwei parteiübergreifende Gesetzentwürfe mit Beratungspflichten und Wartefristen vor – die allerdings beide keine Mehrheit erhielten. Mehrere beteiligte Bundestagsabgeordnete deuteten zuletzt an, dass sie einen neuen Anlauf unternehmen wollen.