Der Bundestag will am Donnerstag den Weg für eine weitreichende Digitalisierung des Gesundheitswesens freimachen. Das Parlament wird unter anderem über die Einrichtung der elektronischen Patientenakte für alle und die Durchsetzung des E-Rezepts als verbindlicher Standard entscheiden.
Das Parlament debattiert in zweiter und dritter Lesung das “Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten” und das “Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens”. Damit soll unter anderem die Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen beendet und Bürokratie abgebaut werden. Außerdem sollen der Wissenschaft und der Pharmaforschung künftig mehr Gesundheitsdaten zur Verfügung gestellt werden. Datenschützer haben mehrere Regelungen der beiden Gesetze kritisiert; die Bundesregierung rechnet deshalb mit Klagen gegen das Gesetz.
Mit dem Digitalisierungsgesetz soll das elektronische Rezept (E-Rezept) 2024 flächendeckend eingeführt werden. Die bereits existierende elektronische Patientenakte (ePA) für gesetzlich Versicherte soll ab dem 15. Januar 2025 standardmäßig zur Verfügung stehen. In einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom erklärten 60 Prozent der Befragten, sie würden die elektronische Patientenakte (ePA) “auf jeden Fall” oder “eher” nutzen.
Umstritten ist vor allem die sogenannte Opt-out-Regelung bei der Patientenakte: Bislang müssen Versicherte die Patientenakte ausdrücklich beantragen. Nach den Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sollen die Versicherungen die Patientenakte künftig standardmäßig für jeden Patienten anlegen – außer, er widerspricht ausdrücklich. Die ePA soll künftig digitale Medikationsübersichten, Arztbriefe sowie Röntgen- und Laborbefunde speichern. Damit sollen Mehrfachuntersuchungen vermieden und gefährliche Wechselwirkungen zwischen Medikamenten frühzeitig erkannt werden. Das Management der ePA soll in Patientenhand liegen: Die Versicherten können dann den Ärzten dann Zugriff auf die Daten gewähren oder verweigern. Bei einem Wechsel der Krankenkasse sollen sie die Daten mitnehmen können.
Die Opt-out-Regelung für die ePA stieß im Vorfeld auf Kritik: Ärzte befürchten, dass das Vertrauen in die ärztliche Schweigepflicht gefährdet sein könnte, wenn sensible Gesundheitsdaten ohne explizite Zustimmung an Pharmaindustrie und Forschung weitergegeben werden. Mit dem Digitalgesetz sollen auch medizinische Sprechstunden und Sitzungen in der Psychotherapie per Video ermöglicht werden.