Bürgermeister oder Gemeinderäte sind vor Ort vermehrt Anfeindungen ausgesetzt – und legen deshalb sogar ihr Amt nieder. Demokraten dürften das nicht achselzuckend hinnehmen, mahnt der Bundespräsident.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zu mehr Zivilcourage und zur Unterstützung kommunaler Amts- und Mandatsträger aufgerufen. Demokratie beginne vor Ort, werde vor Ort bedroht und müsse vor Ort verteidigt werden, erklärte Steinmeier laut Redemanuskript am Donnerstag in Berlin vor ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und -meistern im Schloss Bellevue.
Laut aktuellen Umfragen ist jeder dritte ehrenamtliche Bürgermeister und jede zweite ehrenamtliche Bürgermeisterin selbst oder jemand aus dem privaten Umfeld schon aufgrund des Amtes beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen worden. Nicht wenige gaben demnach an, aus Sorge um ihre Sicherheit oder die ihrer Familie schon einmal darüber nachgedacht zu haben, sich aus der Kommunalpolitik zurückzuziehen.
“Stellen wir uns geschlossen und entschlossen an die Seite von Amts- und Mandatsträgern, die mit Hass oder sogar Gewalt bedroht werden”, rief der Bundespräsident alle Bürgerinnen und Bürger auf. Gerade in kleineren Städten und Orten erfordere es oft Mut, Gesicht zu zeigen. Aber wer aufstehe und Lügen, Hass und Menschenfeindlichkeit widerspreche, bleibe meist nicht allein.
Steinmeier sieht mit Sorge, dass es den Parteien mancherorts schwerfalle, genügend Kandidaten für die Kommunalwahlen im Mai und Juni zu finden. Kommunen müssen sich aus Sicht des Bundespräsidenten für junge, engagierte Menschen öffnen. Manche machten die Erfahrung, besonders kritisch beäugt zu werden und nicht recht zum Zug kommen, weil sie dem “überkommenen Bürgermeister-Bild” nicht entsprächen oder die “Beharrungskräfte in den örtlichen Parteien und Vereinen” zu groß seien.
Ein Ehrenamt müsse mit Beruf und Familie vereinbar sein, so Steinmeier: “Hoher Zeitaufwand, Termine am Abend und am Wochenende, das ist gerade für jüngere Männer und – immer noch vor allem – für jüngere Frauen ein Problem, die mitten im Berufsleben stehen und Kinder haben.” Digitale Verwaltung und Online-Meetings, einfachere Freistellung vom Arbeitgeber und Anspruch auf Lohnersatz seien nur einige der Vorschläge, um dies zu verbessern.