Nach monatelangem Zaudern will die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP beim Thema Presseförderung vorankommen. Beim Jahreskongress des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) stellte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil am Dienstag in Berlin den Zeitungsverlagen eine Presseförderung für die Zustellung im ländlichen Raum in Aussicht. Seine Partei werde bei den Haushaltsverhandlungen darauf dringen, dass die Zustellförderung komme, betonte er. Grünen-Chefin Ricarda Lang hob besonders die Bedeutung der Lokalzeitungen hervor. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) bot der Ampel-Koalition die Zusammenarbeit an.
Die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage fühlen sich von hohen Zustellungskosten gerade in dünn besiedelten Gebieten überfordert. Hinzu kommen Inflation, hohe Energie- und Papierpreise. Doch die seit Jahren geforderte Presseförderung für die Zustellung im ländlichen Raum lässt auf sich warten und fehlt bislang im Entwurf für den Bundeshaushalt 2024. Die Haushaltsverhandlungen laufen aktuell im Bundestag und die Abgeordneten haben das letzte Wort.
Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP versprochen, Fördermöglichkeiten zu prüfen, um eine „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“ zu gewährleisten. Der BDZV-Vorstandsvorsitzende Matthias Ditzen-Blanke („Nordsee-Zeitung“) forderte den Kanzler auf, bei der Zustellförderung Wort zu halten. Die Einnahmen durch die Zeitungszustellung seien das Fundament, das die Branche benötige, um sich in den kommenden Jahren bei der digitalen Transformation voranzubewegen, sagte er. In der vergangenen Legislaturperiode war eine vom Wirtschaftsministerium geplante Presseförderung in Höhe von 220 Millionen Euro gescheitert.
Klingbeil betonte mit Blick auf Lokalzeitungen: „Wir müssen kämpfen um die demokratische Daseinsvorsorge vor Ort.“ Als Beispiel nannte er die „Böhme-Zeitung“, mit der er aufgewachsen sei, und die er bis heute lese, um zu erfahren, was in seinem Wahlkreis los sei. Deutschland brauche eine freie Presse und guten Lokaljournalismus im ländlichen Raum, um die Demokratie zu stärken.
Lang nannte indes die „Nürtinger Zeitung“ und die „Gmünder Tagespost“ in ihrem Wahlkreis. Dort, „wo Strukturen wegbrechen, wo damit auch ein Informationszugang wegbricht, wo auch ein Gefühl von ‘was bei mir vor Ort passiert, interessiert Menschen und hat eine Bedeutung’ wegbricht“, gebe es eine größere Bereitschaft, sich Populisten zuzuwenden, räumte sie ein und betonte: „Wir haben den Prüfauftrag im Koalitionsvertrag und wir wissen, dass wir an dieser Stelle, was die Zustellungsförderung angeht, auch liefern müssen als Ampel.“ Einen Zeitpunkt wollte sie auf Nachfrage aber nicht nennen.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) bot der Ampel-Koalition die Zusammenarbeit an. Weitere Schließungen von Zeitungsredaktionen und damit auch eine Verringerung der Meinungsvielfalt müssten „unter allen Umständen verhindert werden“. Im kleinen Kreis habe es bereits Gespräche zwischen Union und Ampel gegeben und es bestehe ein großes Interesse daran, dass über eine möglichst lange Zeit die physische Zustellung von Zeitungen in den ländlichen Regionen aufrechterhalten werde. Staatliche Unterstützung müsse daher sorgfältig und ergebnisoffen geprüft werden. Wenn die Verlage für eine Übergangszeit Hilfe benötigten, solle das gemeinsam auf den Weg gebracht werden, fügte Merz hinzu.