Bunt, laut, leuchtend: 180 Millionen Euro haben die Bundesbürger zum vergangenen Jahreswechsel für Böller und Raketen ausgegeben. Das ist absoluter Rekord im Vergleich zu den Jahren vor der Corona-bedingten Zwangspause. Silvester 2018 waren es 133 Millionen Euro.
Wer etwa in Berlin zu Hause ist oder dort den Jahreswechsel verbringt, glaubt das gern: Böllern und Raketenzünden erfreut sich hier so großer Beliebtheit, dass man ab Mitternacht genau schauen sollte, ob und wo man wirklich auf die Straße geht – so laut und teilweise auch beängstigend ist die Knallerei. Um reine Lebensfreude geht es dabei lange nicht immer: Mitunter werden Rettungskräfte und Polizei gezielt mit Feuerwerkskörpern angegriffen.
Böllerei: Feinstaub-Belastung steigt rasant
Laut Umweltbundesamt ist zudem die Luftbelastung durch gesundheitsgefährdeten Feinstaub am ersten Tag des neuen Jahres so hoch wie sonst im ganzen Jahr nicht. Augenverletzungen, verlorene Finger, Retraumatisierung von Kriegsflüchtlingen: Wie zeitgemäß ist Feuerwerk heute noch, angesichts seiner zerstörerischen Wirkung auf Umwelt und Tiere sowie der Verletzungsgefahr, die es – vor allem privat gezündet – in der Silvesternacht birgt?

Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Handchirurgie sagt: An keinem anderen Tag im Jahr verletzten sich so viele Menschen die Hände wie an Silvester. Besonders unter Alkoholeinfluss missachteten viele die Sicherheitsvorschriften beim Zünden von Böllern und Raketen. Nach einer Statistik des Unfallkrankenhauses Berlin waren in den vergangenen 20 Jahren in der Hauptstadt etwa 97 Prozent der Bölleropfer mit Handverletzungen Männer, insgesamt waren es knapp 1.000 Menschen.
Besonders Kinder erleiden durch Silvesterfeuerwerk auch schwerwiegende Verletzungen am Auge: Im vergangenen Jahr hätten in den fünf Tagen um Silvester insgesamt 781 Personen mit feuerwerksbedingten Augenverletzungen behandelt werden müssen, erklärte die Deutsche Ophtalmologische Gesellschaft. 60 Prozent der Betroffenen seien Unbeteiligte, die das Feuerwerk nicht selbst gezündet hätten. Besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, wobei besonders häufig Kinder unter 12 Jahren betroffen seien.
Silvester: Tiere mit Problemen
Auch Tiere haben zu Silvester Probleme. Nicht nur der bayerische Naturschutzverband LBV ruft zum Verzicht auf Böllerei auf: “Bei Wildtieren löst der heftige Lärm einen Fluchtreflex aus. Sie brauchen dann sehr lange, um wieder zur Ruhe zu kommen”, so der Verband.
Wegen all dieser Folgen wird immer wieder auch ein Verbot von privatem Feuerwerk diskutiert. Bisher ist die Untersagung nach dem Sprengstoffrecht jedoch nur unter strengen Voraussetzungen möglich.
Innenministerin Faeser gegen Böllerverbot
Der Forderung nach einem Totalverbot eines Bündnisses von Ärzteverbänden, Umweltorganisationen und Polizeigewerkschaften hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine Absage erteilt: Dies sei nicht verhältnismäßig; zudem biete das geltende Recht bereits genug Möglichkeiten, um das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände zu begrenzen.
Der Verband für Pyrotechnik begrüßte die Entscheidung. Feuerwerk sei für viele Menschen Ausdruck von Lebensfreude: “Ein einziges Mal im Jahr selber die Funken sprühen zu lassen, bedeutet für viele Menschen eine ganz besondere Faszination, einen kurzen Moment der Ausnahme und einen integralen Bestandteil von einer der wichtigsten Nächte im Jahr”, so der Vorstand des Bundesverbands Pyrotechnik, Ingo Schubert.